Samstag, 23. Juni 2012

Graffiti und Kommunisten

Kommis mögen keine Graffiti
Immerhin war die MLPD die erste Kommipartei die sich mal zu Writer äußerte. Andere Vereine machten sich gar nicht erst die Mühe, ist halt ein Nebenwiderspruch.
Hier was zur Erheiterung. Kommunisten und Kunst? Von Graffiti nicht erst zu reden. Was halten die davon? Na nicht allzuviel. Hier der Text aus der RF der Mlpd.
Writer würden sich drüber wechschmeißen vor Lachen. Für Dogmatiker ist Antiautoritär eh eines der schlimmsten Schimpfworte. Writer hatten weder vor die Jugend irgendwo zu integrieren, noch wollten sie mit ein paar Farbdosen die Gesellschaft auf den Kopp stellen. Sie haben sich einfach ungefragt den öffentlichen Raum genommen. Die Writer kamen nicht aus der linken Politszene und hatten von Anfang an keine ideologischen Probleme, als sich damit auch Geld verdienen ließ. Aber weil verboten und verfolgt, werden Writer immer wieder mit einer Szene in Verbindung gebracht, mit der sie nie was zu tun hatten. Und da haben sie sogar recht, ohne es zu wissen. Zumindest dies kann ich beurteilen.
Darum sieht man sich auch dazu berechtigt, auf frisch gestrichene Wände loszugehen...
Echt, was haben die frischgestrichenen Wände denn verbrochen? Nu ja, Kommunisten hatten s noch nie mit Kunst und das ausgerechnet Kommis sich um Eigentum Gedanken machen, wollten die nicht stets die Besitzer der Produktionsmittel enteignen?

Das Märchen von der rebellischen Hiphop-Kultur

"Rote-Fahne"-Reihe, Teil 1: Graffiti und der Mythos der Widerstandskultur

Hiphop - eine in den letzten Jahren weltweit verbreitete Jugendkultur. Drei Hauptbestandteile - Graffiti, Breakdance und Rap-Musik - gehören zum Hiphop. Und fast immer dabei: Drogenkonsum. Hiphoper erkennen sich: an der Kleidung, am Auftreten, an dem, was sie für "cool" halten. Und schon dadurch grenzen sie sich von anderen Jugendlichen und erst recht von Erwachsenen ab. Anziehungskraft übt diese aus den Großstadtghettos der USA kommende Kulturrichtung auf viele Jugendliche aus, weil sie sich rebellisch gibt, eine bestimmte Protesthaltung gegenüber gesellschaftlichen Missständen auszudrücken scheint. Aber mögen einzelne Hiphoper auch politisch oppositionelle Haltungen vertreten - weltanschaulich ist diese Jugendkultur reaktionär. Hiphop ist zu einer der wichtigsten Strömungen in der Massenkultur geworden, nicht nur weil sich damit blendende Geschäfte machen lassen. Hiphop repräsentiert das System des modernen Antiautoritarismus, dessen weltanschauliches Ziel es ist, den Protest der Jugend in das System des staatsmonopolistischen Kapitalismus zu integrieren bzw. auf die für die Monopole ungefährliche Bahn der blinden Rebellion und Massenverachtung zu lenken. Und weil der Kapitalismus der Jugend längst keine positive Perspektive mehr zu bieten hat, täuscht HipHop den Jugendlichen "Widerstand aus dem Untergrund" vor. Die Auseinandersetzung darum wollen wir in einer Reihe von "Rote-Fahne"-Artikeln mit den Graffiti, den gesprayten Wandmaler- oder auch -schmierereien beginnen.

Jugendliche Sprayer, die sich selbst "Writer" nennen, erklären gern, dass Graffiti ein Protest gegen den "visuellen Terror" der kapitalistischen Stadt sei. "Es ist doch viel geiler", heißt es auf einer writer-homepage, "ein schönes Bild zu sehen als noch so eine hässliche Reklame. Ob wir jeden Tag an der gleichen beschissenen Werbetafel vorbeilaufen wollen, hat uns niemand gefragt - trotzdem ist so etwas legal. Sprühen jedoch ist verboten!"1 Um dies anzuprangern, verwande
ln sie "das Aussehen der Stadt nach eigenen Vorstellungen, die (sonst) nie Gehör finden würden."

Daraus beziehen sie auch ihre Rechtfertigung für Übergriffe auf fremdes Eigentum. Ein Sprayer: "Klar ist Graffiti Sachbeschädigung ... Aber trotzdem muss man bei der Härte des Urteils die Moral vielleicht doch berücksichtigen. Die Sprayer gehen nicht raus, um die Wand kaputt zu machen. Die Intention bei der Sache ist ganz anders: Man hat ja nicht diese ganze Gewalt in sich drin. Das ist halt nur zur Selbstverwirklichung, dass die ihren Namen lesen wollen."

Die "Moral der Selbstverwirklichung" - darin mündet die ganze Graffiti-"Kunst" und eben auch der moderne Antiautoritarismus. Das ist gegen die Massen gerichtet, die ja nicht gefragt werden, ob sie ein Backsteinmauer oder eine frisch gestrichene Wand schöner finden, als das, was die Graffiti-"Künstler" ihnen da vorsetzen.

Namen statt Inhalt

Das Charakteristische an der "Streetart" der Graffiti-Bewegung besteht darin, dass sie dem Protest gegen die kapitalistische Gesellschaft fast gar keinen bildlichen Ausdruck gibt, sondern sie kennt nur einen Inhalt: das ICH des "Writers". Graffiti ist die Stilisierung von Buchstaben, mit denen sich eine inhaltliche Aussage machen ließe, zu einem verschnörkelten Emblem. "Die Buchstaben dienen nicht mehr zur Übermittlung einer Nachricht, sondern sind die Nachricht selber. Die Nachricht lautet: Ich oder Ich bin."

Die meisten "pieces" (größere Bilder) sind nichts anderes als der zum Bildinhalt aufgeblasene Szenenamen der "Writer". In der Konkurrenz der Hiphop-Szene ist der der Größte, dessen Namen am häufigsten und auffallendsten an den ausgefallensten Stellen zu finden ist.

Von den Werktätigen verstanden zu werden, Erfahrungen der Massen allgemein verständlich auszudrücken - darauf kommt es den "Writern" nicht an. Ihr Ehrgeiz konzentriert sich darauf, ihren Namen möglichst schwer entzifferbar zu machen und an verwegenen Stellen zu platzieren. Im Namen der Selbstverwirklichung wird so eine extreme Selbstsucht ausgelebt.

 Es kommt hinzu, dass unter den Umständen, unter denen die verbotenen Bilder gemacht werden, sich auch kaum mehr als der eigene Namenszug an die Wand bringen lässt. Damit kommt zu der Monotonie der Städte die Monotonie der Gegenbilder hinzu.

Dort, wo Graffiti erlaubt ist, unter anderem an den so genannten "Halls of fame", den kommunalen Spielwiesen für die Sprayer, wird das Spektrum der Bildthemen um "Styles" und "Characters" (realistische Themen) erweitert, wobei zum Ausdruck kommt, was so mancher "Writer" wirklich technisch und künstlerisch kann. (Siehe auch oben rechts eine Hauswand auf Rügen.) Aber auch hier schlägt meist der Egoismus durch und lässt die Namenszüge wuchern.


Abenteuer - oder Gefahr

Interessant wird Graffiti gerade, weil es den Geruch von Gefahr, Illegalität und Abenteuer hat. Nachts loszuziehen, um sich auf Autobahnbrücken, an Zügen und Hochhauswänden zu verewigen - damit gefährden die "Writer" nicht nur sich selbst, sondern auch andere Jugendliche. Und oft lässt sich diese Spannung eben nur bekifft oder betrunken aushalten. Das Geld für die nicht eben billigen Farbspraydosen muss auch irgendwoher beschafft werden ...

Dass damit dem Staatsapparat auch die Handhabe für Hausdurchsuchungen, hohe Geldstrafen, eine Kriminalisierung dieser Jugendlichen gegeben wird, steigert für manche noch den Reiz, zieht andere mit in den Sumpf von Kriminalität und Drogensucht.

Massenverachtung als Programm

Es gab in der Arbeiterbewegung auch früher schon die Methode, mit heimlich aufgebrachten Wandparolen bestimmte Losungen zu verbreiten. Manchmal wurden dabei auch Bilder oder Bildschablonen verwendet.

Von Mexiko ausgehend wurde die Wandmalerei bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts in vielen Ländern Lateinamerikas und auch an der Westküste der USA zu einer Kulturbewegung der Arbeiter und hat dort höchstes Niveau erreicht. Protest gegen Kapitalismus und Kolonialismus und großes künstlerisches Können verschmolzen in einer Einheit, die die Kraft der Arbeiterklasse ausdrückte.

Damit hat die Graffiti-Bewegung nichts am Hut. Charakteristisch für sie ist ihre tiefe Massenverachtung und eine im Grund hoffnungslose Perspektivelosigkeit.

Mit der Frage, wer und was für die wuchernde Werbung verantwortlich ist oder die Städte so herunterkommen lässt, dass wirklich nur noch graue Mauern und Werbetafeln bleiben, quält sich die Graffiti-Bewegung kaum ab. Sie greift vielmehr die Masse der Werktätigen an, angeblich alles stumpfe "Normalos" als Mitschuldige an der Ausbreitung der Werbung, weil sie sich nicht dagegen wehren.

Darum sieht man sich auch dazu berechtigt, auf frisch gestrichene Wände loszugehen und sich über das, was andere schön finden, hinwegzusetzen. So gehen ein ausgeprägter Elitedünkel, die Geringschätzung körperlicher Arbeit und Vandalismus Hand in Hand und fordern zunehmend die Kritik der Werktätigen heraus, mit deren Steuergeldern die Graffiti-Spuren schließlich beseitigt werden.
Fixiert auf die eigene Vorreiterrolle sind die meisten Sprayer blind für den Protest, den Werktätige immer wieder gegen aggressive Werbung im Stadtbild äußern. So gab und gibt es Proteste gegen frauenfeindliche Werbung, nach der umstrittene Plakate abgehängt werden mussten. Die Benetton-Werbung mit einem blutigen T-Shirt aus Bosnien musste gleichfalls zurückgezogen werden. Der Spruch "Mach an, du geile Sau!", mit dem der Sender KISS FM für sich warb, steht gegenwärtig in Berlin in der öffentlichen Kritik. Es ist kein Beispiel dafür bekannt, dass sich Sprayer solchen Protesten angeschlossen hätten. Weisen sie die "Writer" vielleicht zu deutlich darauf hin, wie falsch sie mit ihrer Kapitulationsthese von der Gewöhnung der Massen an den "kommerziellen Werbeschwachsinn liegen, gegen den sich niemand ernsthaft zur Wehr setzen kann?"

"Damit hat die Graffiti-Bewegung nichts am Hut. Charakteristisch für sie ist ihre tiefe Massenverachtung..."
Wäre von gestandenen Kommunisten sicher etwas viel verlangt, über ihren Horizont hinauszublicken. So übertragen sie das eigene Weltbild auf die Writer und schreiben was von einer Graffiti Bewegung. Dabei übersehen sie, das diese "Bewegung" aus einzelnen Menschen besteht, die abgesehen vom gemeinsamen Hobby unterschiedliche und vielfältige Einstellungen und Motive mitbringt und kaum über einen Kamm geschoren werden kann. Sie künstlich zu vereinheitlichen macht es eben einfacher mit dem Hammer draufzuhauen. Writing und Streetart sind offenbar an der Parteijugend nicht spurlos vorbeigegangen, so sieht sich die MLPD offenbar genötigt, dazu Stellung zu nehmen, natürlich aus Sorge das ihre Rebellen nicht auf ideologische Abwege geraten.


Link:
Der Originaltext in der RF
Das Märchen von der rebellischen Hip Hop Kultur