Wo bleibt die Moral? Stilett Nr.56
Ein Kommentar zu den Plünderungen und den fliegenden Pflastersteinen.
Erhebt euch, ihr Darniederliegenden, ihr Vertrampten und stets Übergangenen! riefen wir einer losen Vereinigung von Pflastersteinen zu, und siehe, sie erhoben sich und flogen.
Nehmen wir uns, was uns gehört! rief mir eine leise zirpende Stimme zu, als wir mit dem Rücken zu einer Schaufensterauslage bewaffnete Bullen anvisierten, und siehe, kaum hatten wir uns auf den Absatz gedreht, donnerte und klirrte es gar hohl alsbald, und vor unseren Augen lag der ganze freie Markt dieser Wirtschaft.
Frag ich meinen Freund Oskar: Na was soll denn diese Stradivari-Geige auf dem Tisch? Sagt er: Erbstück. Seither gibt s wieder mehr Hausmusik bei uns. Wenn nur der Suff-Vorrat von Kurz nicht schon längst ausgegangen wäre... Wolln wir wieder mal shopping gehn?
Wer nun erwartet, das ich von den 'Plünderungen' detailliert berichte, der soll mich mal in den Arsch beissen. Erfahrungen solcher Art können nicht einfach so "vermittelt" werden: man muss sie schon selber "erleben". Durch die Bildung von "Selbsterfahrungsgruppen" hat aber schon mancher gelernt den Situationen des Lebens gewachsen zu sein. Der Austausch von Erfahrungen liegt im Interesse eines jeden Einzelnen selber, der unter den eminent hohen Kosten des Alltags leidet. Und warum sollen all die teuren Läden nicht auch mal auf Discount umstellen?
Schließlich soll, wer zu Discount-Löhnen schuften gehen muss, auch zu Discount-Preisen einkaufen können. In Italien z.B. gehören Plünder-Equipen schon seit eh zum festen Zubehör einer jeden anständigen Demo. Und weil diese Demos nicht immer im Rhythmus der Nachfrage der Leute stattfinden, werden die Bullen auch mal durch organisierten Blind-Alarm schachmatt gesetzt: während das Polizeiquartier für drei gleichzeitige, strategisch gut gewählte Einsatzorte den letzten Bullen ausspeihen muss, bedienen sich die Leute mit dem Allernötigsten.
Aber auch Luxus wird nicht verpönt, ein Pelzchen, eine Ladung Schmuck und andere Dukaten darf s schon mal sein. "Darf s auch ein bisschen mehr sein?" Na bitteschön!
Inzwischen frage ich mich aber auch, wie die unverständigen, birneschüttelnden 'Linken' von der RML, ob das denn wohl eine 'politische Jugendbewegung' sei. Nur habe ich da eine andere Vorstellung von 'Bewegung', als diese Parteifritzen. Mir gefällt eine 'Bewegung', die sich NICHT durch den Kakao parteidisziplinierten Anstandes und kleinbürgerlich-vorsichtiger Tendelei ziehen lässt: Forderungen formulieren - diese den Behörden, ihnen die Hände schüttelnd, vortragen - abblitzen - Veranstaltungen zwecks Schaffung von Öffentlichkeit durchführen - die 'Massen' (oder dann doch die "(Jung-)Arbeiter und Angestellten") hinter die Forderungen scharren - wieder shake hands mit den Stadtjoggen - Erfolg, das der " Stadtrat die Motion entgegengenommen hat", feiern - abwarten in (partei-logischem) Zweck-Optimismus machen - enttäuscht sein über den "abschlägigen Bescheid" etc. etc.
Mir gefällt viel mehr eine unkontrollierbare 'Bewegung', die eben ohne das inzüchtige und lähmende Organisations - Prinzip der traditionellen (Partei-)Linken auskommt und dafür ihre Power unmittelbar und aus dem (gegebenen) Moment heraus entfalten und umsetzen kann. Dabei scheint mir unerheblich, ob es dannzumal bei Angriffen auf die Provokation der Bullen bleibt, oder ob noch mehr Glas in Brüche geht. Selbst die herzigen Jusos (wieder stark im kommen!) befürworten "originelle und phantasievolle Aktionen" wenn auch nicht unbedingt so gemeint...
Aber wo bleibt die Moral? Müssen die armen kleinen Lädelis an der Bahnhof-, Löwen- und Uraniastrasse, am Limmatquai, Central und Bahnhofsplatz "mit der Gefahr leben"? Sie müssen. Bereits machen sich einige Versicherungen für Schaden-Deckungen bei "inneren Unruhen" stark. Hoffentlich machen sich die hohen Prämien für die Luxusläden auch bezahlt"
Ein Kommentar zu den Plünderungen und den fliegenden Pflastersteinen.
Erhebt euch, ihr Darniederliegenden, ihr Vertrampten und stets Übergangenen! riefen wir einer losen Vereinigung von Pflastersteinen zu, und siehe, sie erhoben sich und flogen.
Nehmen wir uns, was uns gehört! rief mir eine leise zirpende Stimme zu, als wir mit dem Rücken zu einer Schaufensterauslage bewaffnete Bullen anvisierten, und siehe, kaum hatten wir uns auf den Absatz gedreht, donnerte und klirrte es gar hohl alsbald, und vor unseren Augen lag der ganze freie Markt dieser Wirtschaft.
Frag ich meinen Freund Oskar: Na was soll denn diese Stradivari-Geige auf dem Tisch? Sagt er: Erbstück. Seither gibt s wieder mehr Hausmusik bei uns. Wenn nur der Suff-Vorrat von Kurz nicht schon längst ausgegangen wäre... Wolln wir wieder mal shopping gehn?
Wer nun erwartet, das ich von den 'Plünderungen' detailliert berichte, der soll mich mal in den Arsch beissen. Erfahrungen solcher Art können nicht einfach so "vermittelt" werden: man muss sie schon selber "erleben". Durch die Bildung von "Selbsterfahrungsgruppen" hat aber schon mancher gelernt den Situationen des Lebens gewachsen zu sein. Der Austausch von Erfahrungen liegt im Interesse eines jeden Einzelnen selber, der unter den eminent hohen Kosten des Alltags leidet. Und warum sollen all die teuren Läden nicht auch mal auf Discount umstellen?
Schließlich soll, wer zu Discount-Löhnen schuften gehen muss, auch zu Discount-Preisen einkaufen können. In Italien z.B. gehören Plünder-Equipen schon seit eh zum festen Zubehör einer jeden anständigen Demo. Und weil diese Demos nicht immer im Rhythmus der Nachfrage der Leute stattfinden, werden die Bullen auch mal durch organisierten Blind-Alarm schachmatt gesetzt: während das Polizeiquartier für drei gleichzeitige, strategisch gut gewählte Einsatzorte den letzten Bullen ausspeihen muss, bedienen sich die Leute mit dem Allernötigsten.
Aber auch Luxus wird nicht verpönt, ein Pelzchen, eine Ladung Schmuck und andere Dukaten darf s schon mal sein. "Darf s auch ein bisschen mehr sein?" Na bitteschön!
Inzwischen frage ich mich aber auch, wie die unverständigen, birneschüttelnden 'Linken' von der RML, ob das denn wohl eine 'politische Jugendbewegung' sei. Nur habe ich da eine andere Vorstellung von 'Bewegung', als diese Parteifritzen. Mir gefällt eine 'Bewegung', die sich NICHT durch den Kakao parteidisziplinierten Anstandes und kleinbürgerlich-vorsichtiger Tendelei ziehen lässt: Forderungen formulieren - diese den Behörden, ihnen die Hände schüttelnd, vortragen - abblitzen - Veranstaltungen zwecks Schaffung von Öffentlichkeit durchführen - die 'Massen' (oder dann doch die "(Jung-)Arbeiter und Angestellten") hinter die Forderungen scharren - wieder shake hands mit den Stadtjoggen - Erfolg, das der " Stadtrat die Motion entgegengenommen hat", feiern - abwarten in (partei-logischem) Zweck-Optimismus machen - enttäuscht sein über den "abschlägigen Bescheid" etc. etc.
Mir gefällt viel mehr eine unkontrollierbare 'Bewegung', die eben ohne das inzüchtige und lähmende Organisations - Prinzip der traditionellen (Partei-)Linken auskommt und dafür ihre Power unmittelbar und aus dem (gegebenen) Moment heraus entfalten und umsetzen kann. Dabei scheint mir unerheblich, ob es dannzumal bei Angriffen auf die Provokation der Bullen bleibt, oder ob noch mehr Glas in Brüche geht. Selbst die herzigen Jusos (wieder stark im kommen!) befürworten "originelle und phantasievolle Aktionen" wenn auch nicht unbedingt so gemeint...
Aber wo bleibt die Moral? Müssen die armen kleinen Lädelis an der Bahnhof-, Löwen- und Uraniastrasse, am Limmatquai, Central und Bahnhofsplatz "mit der Gefahr leben"? Sie müssen. Bereits machen sich einige Versicherungen für Schaden-Deckungen bei "inneren Unruhen" stark. Hoffentlich machen sich die hohen Prämien für die Luxusläden auch bezahlt"