Mittwoch, 4. Juli 2012

Ideologie

Das Internet macht auch dies möglich, man kann eine Einmannsekte gründen und sein Buchwissen aus mehreren Semester Studium der Blauen Bände der Welt vorstellen und beweisen, das noch ein Aufrechter die Fahne hochhält und der richtigen Linie folgt. Kommunisten online schimpft sich das Projekt. Nun könnt ich fairerweise sagen, ich mach ja auch nicht mehr. Meine Seite ist ja auch nur ein Einmannprojekt. Mit dem Unterschied, das ich hier keine Partei aufbaue oder Ideologische Vorbereitungsarbeit betreibe um auf bessere Zeiten zu warten, um mein Werk dann der neuzugründenden Partei der reinen Lehre vorzustellen, die ja nur darauf gewartet hat.
Was mach ich dann hier? Na Gifart eben und es geht hier einfach nur um Kunst und die Möglichkeit die Technik gestalterisch zu nutzen. Mit sowas brauchst den Ideologen nicht zu kommen, weder kapieren sie was du machst, noch kannst Verständnis erwarten. Grafik hat politisch zu sein, wenn schon. Und natürlich agitativ. Wie scheinbar sinnlose Kunstformen die Welt verändern können, haben die Writer bewiesen. Nicht das ich hier den Urknall erwarte, nur etwas tun kann ich ja ohne gleich unter Erfolgsdruck zu stehen.
Mit sowas brauchst es bei den sauertöpfigen Linken nicht erst zu versuchen. Bei denen reduziert sich Grafik auf das Kopfbanner der Heiligen und rote Fahnen. Ihre historische Möglichkeit hatten sie im Osten und haben sie gründlich versaut. Hier hatten sie eigentlich nie eine reale Möglichkeit, trotzdem gelang es ihnen selbst mit ihren Kleinparteien zu beweisen, das die Umsetzung der Ideologie offenbar doch keine so gute Idee war.
Schau dir die Agitatoren irgendwelcher fast vergessener Sekten an, die im fortgeschrittenen Alter noch das Jungvolk auf Demos mit ihren Sektenblatt beglücken wollen. Da fragst dich, sach mal Freund, kommst dir nicht wie ne tragische Figur vor? Offenbar nicht und warum? Es ist die bescheuerte Einstellung, ich tu ja was. Ich bin noch politisch aktiv und kämpfe für eine bessere Welt, wo die anderen Verräter und Renegaten sich längst vom System kaufen ließen. Es ist die moralinsaure Ideologie die original vom Christentum übernommen wurde, jeden Tag eine gottgefällige Tat und wenn man nur rumsteht und den Wachturm den vorbeihastenden Konsumvolk vor die Nase hält. Linke sind ja nicht zum Spaß auf der Welt, sie haben eine Mission.
Aber zurück zu unseren Online oder Einmannsekten. Warum tun sich diese Zeitgenossen auf ihre alten Tage ;-)) das noch an? Wer diese Welt kennt, hat auch die Antwort. Es ist der altbekannte moralinsaure Legitimationsdruck der Linken. Man hat politisch zu sein, alles was du machst ist politisch und hat die Aufgabe die Menschheit zu befreien.
Dies kann an folgenden Fall deutlich gemacht werden. Industriekultur nennt man das heute und mit dem Verschwinden von Industriearchitektur entstand die Gegenbewegung, wenigstens einiges zu erhalten. Weil so nicht mehr gebaut wird, was abgerissen wird, ist weg und existiert allenfalls noch auf Fotos. Es versteht sich, das dies nicht von den traditionellen Linken kam. Die hatten keinen Blick für Backsteinbau, eine Fabrik war für sie stets der Ort der Ausbeutung und der Aufenthaltsort ihrer Zielgruppe, der Arbeiterklasse, die morgends am Werktor zu inhumaner Zeit mit Flugblätter, Aufrufen und der Parteipresse versorgt werden musste.
Doch die Linke besteht ja nicht nur aus den altgedienten Politautomaten, sollt man doch meinen. Schaut es bei den sogenannten Undogmatischen besser aus? Dazu muß man sich deren Welt genauer ansehen. Wie kann man offen für Neues sein oder kreativ, wenn man nur das Negative der Welt sieht? Wer den ganzen Tag nichts Besseres zu tun hat als das Elend der Welt auf seinen Schultern zu tragen, dem fehlt der Freiraum mal was anderes zu probieren. Das lässt sich locker nachweisen. Als es in den Städten mit Writing losging, waren die meisten Linken die Letzten, die kapierten, was da abging. Es passte nicht in ihr Weltbild.
Das massenhafte Aufkommen der Diggifotos passte auch nicht in ihr Weltbild, das bei Demos nicht fotografiert wird und so sehen sie sich mit der Tatsache konfrontiert, das mittlerweile zuviele ihre Diggi oder Handycam dabeihaben und dieser Machtanspruch auf den Demos endgültig ihrer Kontrolle entglitten ist. Da sie es immer noch nicht raffen wollen, schreien sie im Internet rum, Gesichter unkenntlich machen. Leben immer noch in der Vergangenheit.
Ein weiterer Fall ist naturgemäß der Nahe Osten. Der Islamfundamentalismus war im antiimperialistischen Weltbild nicht vorgesehen. Da gelten immer noch die alten Koordinaten von US Imperialismus und kämpfende Völker. Die Linke ignorierte den Fundamentalismus solang, bis er in die Türme des WTC und ins Internet krachte. Ignorieren ließ es sich nicht mehr, dafür lassen sich die alten Fronten gegen Zionismus, Imperialismus und USA wieder aus der Mottenkiste auspacken. Altbewährtes Weltbild, da weiß man doch was man hat und die US Fahne sieht man doch immer wieder gerne brennen. Erinnert einige wohl an ihre Jugend. Sorry, kleine Gemeinheiten müssen sein.
Eine Frage wäre noch zu beantworten. Diese Erkenntnisse sind mir doch nicht über Nacht gekommen. Das muß ich ja schon länger mit mir rumschleppen. Welche Konsequenz hast draus gezogen und warum nerv ich hier damit? Nun Konsequenzen gezogen hab ich, nur davon war soviel nicht zu sehen und ich hielt meist die Klappe. Wohin auch damit? Nun im Internet nutz ich einfach die Möglichkeit die Klappe aufzumachen, unabhängig davon, wer das überhaupt zu lesen bekommt.
Und ich kann ja nicht der einzige Bekloppte sein. Das seh ich live bei einer Studentenaktion, wo die Parteiblattdealer grad mal ignoriert werden. Na also, es geht doch.