Mittwoch, 10. Juli 2013

MLPD verteidigt die Kulturrevolution

Warum gerade die Kulturrevolution im Zentrum antikommunistischer Hetze steht
aus Rote Fahne 29/2011
(gekürzterText)

Am 8. August 1966 wurde vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas die Große Proletarische Kulturrevolution beschlossen. Kaum ein Ereignis in der Geschichte des Sozialismus ist dermaßen Objekt der derzeit wieder aufblühenden antikommunistischen Hetze. Was die Herrschenden zur Weißglut treibt? Die Kulturrevolution erwies sich als hervorragende Methode, die Restauration des Kapitalismus in einem sozialistischen Land zu verhindern. 

Die MLPD gehört zu den letzten Verteidigern der Kulturrevolution und das stellt schon mal eine Leistung an Ignoranz und Realitätsverweigerung dar, die Bewunderung verdient. Alle Infos die seit Jahren über die Kulturrevolution verfügbar sind, scheinen an dieser Partei spurlos vorrüberzugehen.
 
Denn im Sozialismus geht der Klassenkampf weiter – die Diktatur des Proletariats muss sich durchsetzen gegen alle Versuche der alten Ausbeuterschichten, wieder an die Macht zu kommen, und gegen Versuche neuer Bürokraten, den Sozialismus zu verraten. Zehn Jahre zuvor, mit dem XX. Parteitag 1956, war in der Sowjetunion von der Chruschtschow-Clique die Restauration des Kapitalismus eingeleitet worden. Diese Gefahr drohte auch in China durch Funktionäre in der Kommunistischen Partei, bei denen die kleinbürgerliche Denkweise vordrang, die ihre Positionen für egoistische Interessen auszunutzen begannen usw.

Na da hat es die MLPD mal wieder mit ihrem Steckenpferd, der Denkweise. Für dogmatische MLer bzw. Theoriegläubige ist der XX. Parteitag nach wie vor die Ursache allen Übels. Doch bekanntlich ging es darum wer was zu melden hat und in diesem Machtkampf war der vorgebliche Verrat an der reinen Lehre nur der ideologische Überbau. Und es ging Mao darum, seine eigene Position zu stärken.
 
Mao Tsetung kritisierte die Entwicklung in der Sowjetunion und initiierte ab 1963 mit der Schrift „Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung“ eine grundlegende Auseinandersetzung in der Weltöffentlichkeit. Seine entscheidende Schlussfolgerung war, die Arbeiterklasse und das Volk in China zu mobilisieren für die Verteidigung des Sozialismus.

Die Jugend wurde mobilisiert, aber für was? Für die Verteidigung? Gegen wen? China wurde von niemanden angegriffen, abgesehen von eingebildeten Feinden und gegen die muß man sich ja bekanntlich zu jeden Zetpunkt verteidigen. Der Sozialismus hat immer Feinde und mit dieser Argumentation lässt sich der stetige Klassenkampf veranstalten. 
 
„Terrorherrschaft“ ist eines der wutverzerrten Propagandabilder, die von den Herrschenden gebetsmühlenhaft dagegen gestreut werden. Sicherlich: Für einen Vertreter des Kapitals ist das eine Horrorvorstellung, was da in China geschah – ging es doch darum, schrittweise fertig zu werden mit dem zerstörerischen und rückschrittlichen Erbe des Kapitalismus. Mit den Revolutionskomitees auf allen Ebenen der Gesellschaft entstanden neue Machtorgane der Diktatur des Proletariats. Es wurde eine massenhafte Wachsamkeit und Kontrolle über die leitenden Funktionäre in der Partei, in der Verwaltung und den Betrieben entwickelt. Viele verloren ihre Funktionen, viele erkannten aber auch, dass sie sich auf dem Weg des Verrats befanden und übten freimütig Selbstkritik. Arbeiter eigneten sich das Wissen der Intelligenz an und Intellektuelle wurden erzogen, sich der körperlichen Arbeit zu stellen, von den Arbeitern zu lernen. So wurde die Überwindung der Trennung von Kopf- und Handarbeit angepackt.

Das könnte gerade aus einer chinesischen Propagandaschrift abgetippt sein, möglicherweise ist es das sogar. Viele übten freimütig Selbstkritik? Das fiel ihnen sicher nicht schwer, mit fanatisierten Jugendlichen im Rücken. Da sagt man besser, was die Leut von dir hören wollen und hofft, sie geben sich damit zufrieden und lassen dich halbwegs unbeschadet heimgehen. Und dann noch die Story von der körperlichen Arbeit und der Trennung von Hand und Kopfarbeit. Intellektuelle wurden erzogen von den Arbeitern zu lernen? Was wohl? Wer sich da etwas auskennt, der weiß, das man niemand einfach an die Drehbank stellen kann und glauben darf, der könne da jetzt arbeiten. Die Maschinen sind tückisch und da sollte man wissen, was man macht und zudem, bis man an solchen Maschinen die nötige Präzision hinbekommt, das dauert schon etwas, in der Regel drei Jahre Lehrzeit. Und aus Erfahrung weiß ich, wie viel Übung man braucht, um an alten Schrottgurken noch halbwegs brauchbare Teile zu produzieren. Und genau solche Schrottgurken werden sie da im Einsatz gehabt haben.
Im Grunde war es eine ziemliche Verschwendung von Fähigkeiten und genau das Gegenteil von dem was Marx mal mit dem Satz, jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen ausdrückte. Was lernte ein Sprachlehrer beim Sandschippen? Vermutlich, das man mit der Zeit rauhe Hände bekommt und das die Arbeiter nicht allzuviel von dir halten. Das können wir den eh nicht machen lassen, der klappt ja zusammen.  Ne, das muß ich selbst machen, der macht das eh nicht richtig.  Lass den hier ausfegen, da kann er nix verkehrt machen. So etwa könnts zugegangen sein.

Bis heute hält sich dieser Mythos der Überwindung der Trennung von Hand und Kopfarbeit, dabei lässt er sich heute einfach überprüfen. Setz einen Maler an den Rechner um Programme zu schreiben. Der wüßte ja nichtmal wie er anfangen sollte.

Das war kein Prozess, bei dem jeder gleich Beifall klatschte. Heftige Intrigen und Gegenangriffe kamen von Bürokraten und Intellektuellen, die ihre privilegierten Posten gefährdet sahen.
Es gab auch falsche Zuspitzungen, teilweise wurden überzogene Maßnahmen ergriffen – historisch bedingte Fehler bei einer Form des Klassenkampfs, für die es kein Vorbild gab. Wie nicht anders zu erwarten, war das Munition für Sperrfeuer von den Kapitalisten auf der ganzen Welt – darunter auch die neue Bourgeoisie der Sowjetunion. Bei vielen Menschen dagegen stieß die Kulturrevolution auf große Beachtung und Begeisterung. Revolutionäre in vielen Ländern orientierten sich daran und begannen mit dem Neuaufbau marxistisch-leninistischer Parteien. Von der Sowjetunion ausgehaltene Parteien wie z. B. die DKP griffen dagegen das sozialistische China wütend an. 

Ach ja, falsche Zuspitzungen. Echt süß. So kann man es freilich auch ausdrücken. Jeder macht Fehler und wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Einer Unzahl von Leuten den Hals umzudrehen, das waren eben etwas überzogene Maßnahmen, die Opferzahlen konnten sich jedenfalls sehen lassen und das am Ende Rote Garden gegen Rote Garden kämpften, nachdem ihnen die Gegener und Klassenfeinde ausgegangen waren und es Tote gab, das war sicher etwas überzogen. Na ja, wir wissen ja, wie das bei den jungen Leuten so ist, die neigen oft dazu alles zu übertreiben. Beim Thema Nationalsozialismus würde man zurecht von Verharmlosung reden.
"Bei vielen Menschen dagegen stieß die Kulturrevolution auf große Beachtung und Begeisterung."

Vor allen bei der Jugend und die Begeisterung war umso größer, ja weniger man darüber wußte, bzw. wissen wollte. Man sah eben nur die Propagandabilder und war beeindruckt. Allzu genau hinsehen wollten die Wenigsten, das hätte die Begeisterung etwas dämpfen können.

Wie war das mal zu lesen? Eine Partei die eine Revolte gegen sich selbst inszenierte, das war für Junglinke im Westen sicher beeindruckend. Als Mittel gegen die Erstarrung der Revolution. Glaubten auch die Roten Garden (der Name wurde von MLern für den eigenen Verein übernommen) und merkten nicht, das sie nur für andere die Drecksarbeit machen.

Die MLPD hat die Proletarische Kulturrevolution von Anfang an verteidigt. „Sie war eine historisch bisher einmalige neue Form des Klassenkampfs … In ihrer Kühnheit, ihrer Massenmobilisierung und ihren hervorragenden Ergebnissen begeisterte sie die revolutionäre Arbeiterbewegung und insbesondere die Jugend der ganzen Welt und gab ihr neuen Auftrieb.“

Nun 1966 gab es diese Partei noch nicht, nicht mal als Vorläufer. Die wurde 1983 gegründet, da war die Kulturrevolution bereits ferne Geschichte. Dafür ist es sicher verdienstvoll, die Kulturrevolution gegen alle Angriffe zu verteidigen, vor allem gegen die Erbsenzähler, die aus jeder etwas überzogenen Maßnahme gleich einen großen Terror machen.
Übrigends, in China gibt es einen etwas ungewöhnlichen Friedhof. Da liegen Angehörige der Roten Garden, die beim Kampf Garde gegen Garde getötet wurden.

Und zum Schluß hatte Mao selbst von der Unruhe genug und mitten im Frieden warf die chinesische Luftwaffe Bomben auf chinesische Städte. Das war echt eine neue Form des Klassenkampfes, sowas brachte nicht mal Stalin zu seinen besten Zeiten fertig.

PS: Wenn es der Anschein hat, als sei die KPM Serie etwas überzeichnet und durchgeknallt und warum ich die Netzwelt damit belästigen muß? Solange im Netz derartige Apologeten der Kulturrevolution ihr Unwesen treiben, gibt es eine Aufgabe für die KPM.

Siehe auch:
Neue Züricher Zeitung
ORF

Kämpfende Jugend von 1976