Dienstag, 16. Januar 2024

Positionen zu Gaza

Zwei Texte aus der "Barrikade" zum Thema Gazakrieg.Sie zeigen die Positionen der Linken, von absoluter ideologischer Parteinahme bis zur Infragestellung des Gut gegen Böse Schemas und zur kritischen Infragestellung der Mordaktion der Hamas und was dies noch mit Befreiung zu tun haben soll. Die Texte sprechen für sich.

13.01.24 Nationale Palästina Demonstration - Basel

Seit rund 3 Monaten dauert der genozidale Vernichtungskrieg des israelischen Apartheid-Regimes gegen die Bevölkerung Gazas an. Durch das flächendeckende Bombardieren Gazas sind seit dem 7. Oktober mindestens 22’700 Menschen ermordet und über 58’100 verletzt worden, wobei die tatsächlichen Zahlen noch wesentlicher höher auf über 30’000 geschätzt werden, da noch unzählige Tote unter den Trümmern vermutet werden. Unter den getöteten Palästinenser:innen waren mindestens 9’000 Kinder und 107 Journalist:innen.

Rund 1,9 Millionen Menschen sind aus dem Norden Gazas in den Süden vertrieben worden, eine ethnische Säuberung in einem Ausmass, welches die Grösse der Nakba von 1947/48 übertrifft. Laut einem Bericht des Wall Street Journals handelt es sich um den zerstörerischsten Krieg der modernen Geschichte. Dem Bericht zufolge wurden zwischen dem 7. Oktober und Mitte Dezember über 29’000 Bomben auf das belagerte Gaza abgeworfen. Die Hälfte aller Gebäude in Gaza sind beschädigt oder komplett zerstört worden. Der siedlerkoloniale Apartheid-Staat Israel greift willkürlich zivile Infrastruktur an, darunter unzählige Spitäler, Schulen, Moscheen, Kirchen, Universitäten und Flüchtlingslager. Der Bevölkerung Gazas mangelt es an allem: an Nahrungsmitteln, Strom, Wasser, Treibstoff, medizinischer Versorgung und an Medikamenten.

In der Westbank wurden seit dem 7. Oktober mindestens 315 Palästinenser:innen durch Pogrome von faschistischen Siedler:innen und der Besatzungsarmee ermordet.Seit dem Geiselaustausch wurden bereits wieder mehr Palästinenser:innen inhaftiert, als freigelassen wurden.

Alleine seit dem 7. Oktober wurden mehr als 5’600 Palästinenser:innen in der Westbank festgenommen, zusätzlich zu den 5’200, die bereits vor dem 7. Oktober in israelischen Gefängnissen eingesperrt waren. Die jüngsten Zeug:innenaussagen decken sich mit den gut dokumentierten Berichten von zahlreichen NGOs, wonach Palästinenser:innen jeglichen Alters systematisch gefoltert werden.

Begleitet werden die israelischen Kriegsverbrechen von Kriegspropaganda, welche von westlichen Medien in grossen Teilen unwidersprochen übernommen wird. Eine rassistische, islamophobe Rhetorik macht sich breit und anti-palästinensischer Rassismus wird geschürt.

Die überwiegende Mehrheit der Schweizer Politiker:innen schweigt zu den Geschehnissen und macht sich so mitverantwortlich an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der palästinensischen Bevölkerung.

Angesichts der Komplizenschaft der westlichen Länder und den hiesigen Medien, angesichts ihres Schweigens zu den israelischen Kriegsverbrechen mobilisieren wir, als Zivilgesellschaft, und fordern, dass sich auch die Schweiz für Folgendes einsetzt:

Einen sofortigen Waffenstillstand.

Die sofortige Aufhebung der Blockade und Belagerung Gazas.

Die Reaktivierung des UN-Ausschusses gegen Apartheid.

Die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen.

Gleiche Rechte für alle Menschen im historischen Palästina.

Ein Engagement der Schweiz im Uno-Sicherheitsrat für militärische und wirtschaftliche Sanktionen gegen den Staat Israel.

Den sofortigen Stopp jeglicher Investitionen in Unternehmen, die in die israelische Siedlungs- und Sicherheitspolitik involviert sind.

Die Einhaltung des Rechts auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit in der Schweiz, ein Ende der Demonstrationsverbote und die Entkriminalisierung der palästinensischen Solidaritätsbewegung.

Vor unseren Augen spielt sich ein Genozid ab, welcher mit der Unterstützung des Westens und der Schweizer Regierung durchgeführt wird. Es liegt an uns, auch hier Druck aufzubauen, auf die Strasse zu gehen und uns gegen Krieg, Apartheid und Siedler-Kolonialismus zu organisieren.

Weltweit gehen Millionen Menschen für Palästina auf die Strassen, lasst uns auch hier ein starkes Zeichen setzen! In Basel, der Stadt, in der 1897 der erste Zionistenkongress den Grundstein für die ethnische Säuberung Palästinas gelegt hat, gehen wir am 13.01.24 mit tausenden Menschen auf die Strassen!

Wir rufen dazu auf, keine anderen Nationalfahnen als die palästinensische mitzubringen.

An der Demo wird keine Form von Rassismus, einschliesslich Islamophobie und Antisemitismus oder jeglicher anderer Formen von Diskriminierung toleriert!

BASEL 13.01.24 - THEATERPLATZ 14:00 - bewilligt!

Organisiert vom Dachverband Schweiz-Palästina

https://barrikade.info/article/6274


Querfront gegen Israel: Palästina Spricht – eine Stimme für BDS & Hamas?
 
 

Seit dem Terrorangriff und Massaker aus dem Gaza-Streifen am 7.10. läuft die anti-israelische Propaganda auf Hochtouren. Keine Woche ohne Kundgebungen und Demonstrationen, auf denen Israel dämonisiert, de- legitimiert und mit Doppelstandards verglichen wird. Viele linke Grup- pen aus dem internationalistischen, antiimperialistischen und friedens- aktivistischen Spektrum folgen den Aufrufen von Gruppen wie Palästina Spricht und teilen sich mit Aktivist*innen aus dem Querdenken-Umfeld die Straße – vereint im Verschwörungswahn.

Palästina Spricht = BDS?

Vor fast 20 Jahren wurde die antiisraelische Inititiative BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) gegründet mit dem Ziel, Israel wirtschaftlich und kulturell zu isolieren und letztlich zu zerstören. Diese Bewegung fand jedoch glücklicherweise nicht die erhoffte Unterstützung und wurde 2019 vom deutschen Bundestag mit sehr breiter Mehrheit als antisemitisch eingestuft. Verschiedene propalästinensische Organisation versuchten erfolglos, gegen diesen Beschluss vorzugehen, erstmals trat hierbei auch Palästina Spricht öffentlich in Erscheinung – mit einem Schwerpunkt in Berlin. Im Impressum genannt wird Amir Ali, ein deutsch-palästinensischer BDS-Aktivist, Mitkläger und Mitinitiator der BP3T-Initiative, die gegen genannten Bundestagsbeschluss klagt. Ali bezeichnet sich selbst als aktives Mitglied von Palästina Spricht, allerdings nicht als Gründer.

Palästina Spricht sucht den Schulterschluss mit linken Gruppen und Aktivist*innen, nachdem die international weit verbreitete BDS-Kampagne in Deutschland nie richtig Fuß fassen konnte, da das öffentliche Bloßstellen jüdischer Israelis und das Bekleben von israelischen Produkten mit „Don’t buy!“-Aufklebern doch zu sehr an den Antisemitismus der Nazis erinnert. Sie suchen lieber Anknüpfungspunkte an verschiedene aktuelle linke Diskurse und unterstützen öffentlich Black Lives Matter, Queers For Palestine und Gruppen, die Kolonialismus thematisieren. Sie riefen auch zu gemeinsamen Aktionen mit Samidoun auf, bis diese im Oktober verboten wurden. Samidoun ist eine Vorfeld-Organisation der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas), die für mehrere Terror-Anschläge und Flugzeugentführungen verantwortlich ist. „Zur Feier“ des größten Massenmords an Jüdinnen und Juden nach 1945 verteilte Samidoun süßes Gebäck auf der Berliner Sonnenallee.

„Liberation is no longer just a dream“

In „Feierlaune“ befand sich auch der Hauptaccount von Palästina Spricht. Auf Instagram posteten sie ein Bild von Hamas-Kämpfern an Gleitschirmen mit dem Spruch „Eine Lektion in Sachen Befreiung aus Gaza“,1 auf X.com zeigt ein Foto eines Bulldozers, der den Sicherheitszaun zwischen Gaza und Israel durchbricht mit den Worten „Gaza ist gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen“.2 Man kann davon ausgehen, dass diese Posts von Majed Abusalama geteilt wurden. Er stellte sich selbst Anfang 2023 auf Vimeo als Initiator von Palästina Spricht DE vor3 und bezeichnete sich in seinem Artikel von 2019 selbst als BDS-Aktivisten.4
Am 08.10.2023 veröffentlichte Abusalama seinem Text „Liberation is not just a dream“, in welchem er die Terroristen der Hamas als „Palestinian freedom fighters“ betitelt und schreibt: „Aber in den letzten 48 Stunden war es palästinensischen Kindern möglich, sich vorzustellen, wie sie dem Bösen in Israel entkommen können. Dass die Möglichkeit der Befreiung nicht nur in ihren Träumen existiert.“, dann sieht er in dem Oktober-Pogrom die Blaupause für die Zerstörung des israelischen Staates: „Dies ist ein wahrhaft historischer Moment für Gaza, der viele von uns darin bestärkt hat, weiter für die Freiheit unseres Landes zu kämpfen, vom Fluss bis zum Meer.“

Seine Nähe zur Hamas lässt sich nicht von der Hand weisen, wenn er den (Zitat:) „Mord“ zweier Freunde in den frühen Stunden der von ihm so bezeichneten „Operation Al-Aqsa-Flut“ betrauert. Nicht zufällig verwendet er den islamistischen Kampfbegriff für das Oktober-Pogrom.5
Dass es sich bei seinen zahlreichen Äußerungen zum 07.10.2023 nicht um einzelne emotionale Entgleisungen handelt, demonstriert er mit seinem Facebook-Posting vom 21.12.2023, wenn er fordert: „Wir müssen diese mörderischen Tiere stoppen, die glauben, sie seien "das auserwählte Volk ihres Gottes" und seine Herrenrasse. Es muss jetzt ein Ende haben und alle Mittel müssen jetzt eingesetzt werden.“6 Auch hier zeigt sich, dass seine Forderungen nach einer Dekolonialisierung Palästinas den Zielen der Hamas entspricht und deren Vorgehen legitimiert.

Und in Freiburg?

Hier versuchen sich die Aktivist*innen der Freiburger Ortsgruppe von der namensgebenden Hauptorganisation zu distanzieren und behaupten, sie hätten sich nach einer Auflösung eben erst neu gegründet. Sie geben sich dabei ausdrücklich divers und friedlich. Wie in anderen Städten auch haben sie sich ein Netzwerk von linken und antiimperialistischen Gruppen aufgebaut und rufen gemeinsam mit diesen zu ihren Veranstaltungen auf. Dabei achten sie penibel auf ihre Wortwahl und ihr öffentliches Auftreten, zensieren ihre Schilder, geben sich friedvoll und beteuern, dass sie selbst auch gegen Antisemitismus seien. Wie? Indem sie versuchen, Zionismus umzudefinieren und ihm alles Jüdische absprechen.

Sie versuchen in nahezu jedem alternativen und linken Raum Veranstaltungen anzumelden. Nicht immer im Namen der Gruppe, sondern auch als „Einzelpersonen aus dem Umfeld“. So wollen sie den Diskussionen um die ekelhaften Tweets von Palästina Spricht DE aus dem Weg gehen. Wie lächerlich diese Distanzierung ist, zeigt, dass der Gründer von Palästina Spricht DE, Majed Abusalama, bei der Kundgebung der Freiburger Ortsgruppe am 23.10.2023 am Augustinerplatz eine Rede gehalten hat.

Aber auch der Instagram Account von Palästina Spricht Freiburg weist unzählige antisemitische Äußerungen auf. So unterstützen sie dort Ahed Tamimi, kurz nachdem sie ihren widerlichen Post auf Instagram geteilt hat: „Unsere Botschaft an die Siedlerscharen: Wir erwarten Sie in allen Städten des Westjordanlandes, von Hebron bis Jenin, und Sie werden sagen, dass das, was Hitler Ihnen angetan hat, ein Witz war. Wir werden Ihr Blut trinken und Ihre Schädel essen. Kommen Sie vorbei, wir warten auf Sie.“7
Das gescheiterte Selbstmordattentat der kürzlich freigepressten Israa Jaabis wird kurzerhand zum „Unfall“ umgedeutet.8 Aus der Erinnerung an die Selbstentzündung des Tunesiers Mohamed Bouazizi, der den arabischen Frühling ausgelöst hat, leiten sie auf Instagram einen Aufruf zum Töten von Israelis ab: „ … bestätigt nur unsere Überzeugung, dass Palästina nur durch eine globale und regionale Intifada befreit werden kann.“9 Sie fordern damit nichts anderes als einen weltweiten militanten Aufstand, kurz: Terror gegen alles und jede*n, das sie als „zionistisch“ framen – in Zeiten, in denen bereits weltweit Juden und Jüdinnen angegriffen werden.

Die Freiburger Ortsgruppe versucht sich mit Lippenbekenntnissen und bewussten Täuschungen aus der Kritik zu bringen, die so dreist sind, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen kann.

Sich angeblich von einem überregionalen Account zu distanzieren, aber den Namen und das Logo weiterzuverwenden und deren Gründer zur eigenen Kundgebung einladen.

Sich angeblich gegen Antisemitismus zu engagieren, während eine globale Intifada gefordert wird.

Sich feministisch zu nennen, während unter ihrem Namen Fotos der vergewaltigenden Terroristen, die unter anderem mit Gleitschirmen das Nova-Festival stürmten, als Befreiung zu bejubeln.

Sich angeblich für Frieden einzusetzen, aber mit keinem Wort den Terror der Hamas auch nur erwähnen, sondern diesen als Freiheitskampf zu verklären.

Klar ist, mit Friedensaktivismus und Menschenrechten haben die Ziele von Palästina Spricht nichts zu tun: die Zerstörung des Staates Israels und die Vertreibung und Vernichtung der Menschen, die dort leben. Wer sich für eine emanzipatorische, friedensorientierte, queere und feministische Politik einsetzt, darf mit dieser Gruppe und ihren Freund*innen nicht zusammenarbeiten. Sie sind am Ende nur ein weiteres Sprachrohr der Hamas als Teil einer internationalen dschihadistischen Allianz, die ihre Förder-Millionen immer in den eigenen Todeswunsch investieren werden, anstatt den Menschen in Gaza auch nur einen Hauch von Hoffnung auf Frieden zu gewähren.

 https://barrikade.info/article/6268