Sonntag, 8. April 2018

Datenbankprojekt

Internationale Solidarität

Es gibt doch stets freundliche Menschen, die alte Dokumente abscannen und online stellen. So auch das Mao Projekt. (Datenbankprojekt Materialien zur analyse von Opposition MAO) Hier werden etliche Originalzeitungen und Schriften aus der ML Zeit der 70er original als Bildgraphik der Netzwelt zugänglich gemacht. Dazu zählen die Rote Fahne, der Roter Morgen, sogar Ausgaben von 86 da wußten etliche Ex Genossen schon nicht mehr, ob es die KPD/ML überhaupt noch gab, und die Internationale Solidarität, KBW Schriften vor allem die KVZ u.v.m. Dazu etliche kleinere oder interne Schriften wie die Erklärung einer Gruppe aus der Liga gegen den Imperialismus ausgeschlossener.

Dazu kommt mittlerweile noch die Dokumentation der Dem Volke Dienen, DVD des KSV, was für Kommunistischer Studentenverband stand.
Dazu eine Vielzahl von Betriebszeitungen und Kleinschriften, die schon seinerzeit nur ein begrenzter Kreis gelesen hat oder überhaupt zur Kenntnis nahm. Eine Menge Arbeit steckt fraglos dahinter und diese soll hier sicher nicht mißachtet werden.

Das alles kann man hier 1:1 nachlesen und auch optisch original betrachten. Abgesehen vom Rotstich der etwas stört. Was hältst von nen Weißabgleich? Nur so als Vorschlag.
Optisch gesehen lassen sich die unterschiedlichen Zeitungsformen einsehen als auch die Lay Out Struktur von Bild und Text. Besonders die Internationale Solidarität (abg. IS) legte wie auch die Kämpfende Jugend (abg. KJ) setzten auf ein optisch agitatives Erscheinungsbild. Und das kann man hier original auf den Screen laden.
Doch nun zum Inhalt. Bringt es was? Für einige die sich erinnern können, ist es ein nettes Wiedersehen. Hoher Wiedererkennungswert, das war s aber auch. Was die Texte angeht, eine Sammlung von Propaganda bei der man sich heute die Frage stellt, und das hast mal ernstgenommen? An diesen Unsinn hast damals geglaubt? Es reflektiert nicht nur die linken Themenstellungen der 70iger mit fast vergessenen Konflikten sondern die spezifisch marxistisch leninistische Sichtweise, etwa auf die Befreiungsbewegungen, in deren heldenhaften Kämpfen kein Platz für Kriegsbrutalität, auch gegen die eigenen Leute war. Ein geschöntes Propagandabild das man sich seinerzeit von den Kämpfen in der dritten Welt machte. Und dann umso bitterer enttäuscht wurde, als sie an die Macht kamen und sich die Dinge etwas anders als gewünscht entwickelten.
Historiker arbeiten wenn möglich mit Originalquellen. Sie mögen weniger die subjektive Rückschau, die von neuen Erfahrungen und Sichtweisen oder auch nur vom zeitlichen Abstand verändert wurde. Der Originaltext, wie er damals geschrieben wurde. Das ist der Zugang wie Historiker sich das wünschen, denn da haben sie eine fixe unveränderliche Quelle die man zitieren kann. Wie haben die Leute damals wirklich geschrieben und gedacht? Nach einigen Jahrzehnten kann man viel erzählen und weiß vieles, das man seinerzeit nicht wissen konnte. Auch dies verändert die Sichtweise. Trotzdem erfährt man über die Originaltexte nur bedingt was in der Zeit ablief.
Wer die ML Zeit aktualisiert haben will, der ist bei den diversen Webseiten der Kleingruppen gut bedient, besonders bei der MLPD die es geschafft hat, die ML Kultur in die Internetzeit hinüberzuretten.

In der IS werden die fast vergessenen Namenskürzel diverser Befreiungsorganisationen wieder lebendig und natürlich die längst vergessenen Demos und Parteiaktionen.
Ob Rote Fahne oder Roter Morgen, die Lohnkämpfe der Arbeiterklasse waren der Dreh und Angelpunkt linken Denkens und über gewerkschaftliche Aktionen für ein paar Mark mehr wurde geschrieben, als würde hier die Revolution vorbereitet. Für eine andere Sichtweise auf die Arbeiterklasse war hier kein Platz. Etwa auf den alltäglichen Frust den man sich als Linker bei der Arbeiterklasse holte, wenn sie von den Linken nichts wissen wollten. Zieht man sich diese Propagandatexte rein, man erfährt etwas über die BRD der 70er Jahre, doch kann das wirklich diese BRD gewesen sein?  Man meint einen Bericht aus einer Parallelwelt zu lesen.
Genauso sieht es mit der Darstellung linker Geschichte aus. Das Unheil begann bekanntlich mit dem XX Parteitag und vorher stellt die Sowjetunion eine fortlaufende Helden und Erfolgsgeschichte dar. Die andere Seite, wie etwa Schauprozesse, Massenerschießungen, Säuberungen und den Alltag des Stalinismus sucht man hier vergebens. Das war allenfalls imperialistische Propaganda. Es versteht sich, daß man auch über China nur Erfolgsmeldungen vom Aufbau zu lesen bekommt.
Wenigstens eine nervige Angelegenheit bleibt dem geneigten Leser erspart. Damals wurde noch Deutsch geschrieben. Kein BinnenI  und von Gender hatte man in dieser Zeit noch nichts gehört. Na ein schwacher Trost, wenn der ganze sektiererische Szenemist der heute linken Webspace verunstaltet, noch unbekannt war.
Gibt das Material dann wenigstens theoretisch was her? Wenig, denn es waren Parteizeitungen, für die Mitglieder und breitere Schichten gedacht. Folglich wurde die Theorie etwas vereinfacht aufbereitet. Heute würde es lauten, Marxismus Leninismus für Dummies. Für die ML Theologie gab es entsprechende Schriften, die sich an die Ideologen bzw. Spezialisten richteten.
In vereinfachter Form wird dies allenfalls noch bei der MLPD und DKP gepflegt.
Die 70iger waren die Zeit, in der sich viele mit dem Marxismus Leninismus beschäftigten und man könnte meinen, dies sollte wenigstens die Theorie weiterentwickelt haben. Weit gefehlt. Wenn es um die vielzitierte Theorie geht, ohne die es angeblich keine erfolgreiche Revolution geben kann, so haben Kritiker und Außenseiter erheblich mehr dazu beigetragen als alle Theoriegläubigen Exegeten von denen ein Großteil die ML Gruppen bevölkerte. Wer wie ein Bibelgläubiger die ML Werke studiert, von dem sind kaum kritische Auseinandersetzung und Neuerung zu erwarten. Und weil das genauso ablief, wurden in diesen Kleinparteien wie in einen Themenpark die alten Auseinandersetzungen nachgespielt. Soll heißen, der alte Windmühlenkampf gegen alle Strömungen des Denkens. Revisionismus, Spontaneismus, Rechtsopportunismus, Linksopportunismus, Reformismus und was noch alles, dies lässt sich in den Parteizeitungen original nachlesen.
Offen gesagt, auf Wikipedia wird man da heute besser bedient. Schon weil diese Einträge nicht mehr von Theoriegläubigen geschrieben werden. Von denen sind nicht mehr sehr viele übriggeblieben. Wer sie noch original und aktuell lesen will, wird auf dem Webspace der MLPD bedient.
Wer es live besichtigen will, besucht die jährliche LL Demo in Berlin.
Nun stellt sich also die Frage, lohnt sich die Mühe, an die vierzig Jahre alte Zeitungen der ML Sekten zu lesen? Lernt man heute was daraus? Möglicherweise, wie wenig sich teilweise in diesem Bereich verändert hat. Man kann das Zeug mit dem Webseiten heutiger ML Gruppen vergleichen (Oder trotzkistischer Gruppen, die im Web überdurchschnittlich vertreten sind) und feststellen, so groß sind die Unterschiede nicht. Man meint fast es hätte schon 75 Internet gegeben. Oder sie hatten 75 eine Zeitmaschine die sie ins Jahr 2010 verfrachtete. 

Mittlerweile sind auch die Ausgaben von 79 und vor allem die letzte Rote Fahne verfügbar. Genau die mit den Erklärungen zur Auflösung der Partei. Die Ausgaben der letzten Jahre sind widersprüchlich. Vor allem 79. So wird viel über die Opposition in Ostblock geschrieben aber gleichzeitig Pol Pot verteidigt und die Berichte über Massenmorde als Fälschungen zurückgewiesen. Nun kann man das original 1:1 nachlesen.
Die Schriften der Autonomen  und undogmatischen Szene sind zwar nicht erfasst, doch würd man beim Abgleich genauso erstaunt feststellen, wie wenig sich zwischen den Zeitungsinhalten aus den 80gern und den heutigen Inhalten online verändert hat.
Die sektiererische Verkürzung der Realität. Die Ausblendung allen Unpassenden aus der Zielgruppe, das hat sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt.
Jedenfalls bekommt man hier noch den Irrsinn von dem Kleinbürgertum geboten, dem man nicht trauen darf. Dieses Thema war ein Dauerbrenner in der ML Welt und daher gibt es etliche Texte dazu. Zumeist seinerzeit von Kleinbürgern bzw. Studenten verfasst, die später bemerkenswerte Karrieren machten als wollten sie nachträglich den Nachweis ihrer Theorie liefern. Doch da interessierte sie dieses Zeug schon lange nicht mehr. Allenfalls der MLPD fällt der Verdienst zu, mit ihren Unfug über proletarische und kleinbürgerliche Denkweise, diese Geschichte in die Netzzeit gerettet zu haben.
Eines darf noch erwähnt werden. Die Theorie vom Kleinbürger, der stets darauf lauert, die Revolution zu verraten und von den Revisionisten, die man keinen Moment unbeobachtet lassen darf, weil sie dann sofort den Sozialismus sabotieren, dieser Unfug wird von einigen Dogmatikern aktuell für den Zusammenbruch des Ostblocks als Erklärung der erstaunten oder erheiterten Netzwelt vorgestellt.
Nur eine Minderheit nimmt sowas noch ernst. Wer dies in seinen Webseiten reinsetzt, beweist nur, daß er sich immer noch eine eigene Realität schaffen muß. Und was den Zusammenbruch von 89 angeht, der Revisionismus stellt die linke Verschwörungstheorie dar. Irgendwer muß ja schuld sein. Das Volk kann es ja nicht gewesen sein.

PS: An dieser Stelle kann ich die Arbeit dieses Projekts einmal würdigen und die Frage stellen, wie viele Scanner bereits dran glauben mußten? ;-)) Scherzle. Doch einen Rat hätte ich noch. Mit Programme wie ICE beispielsweise lassen sich die Zeitungsausgaben zu einer Seite zusammenfügen. 


Hier eine Möglichkeit was sich mit den Scans anfangen lässt. Ein Ausschnitt aus dem Roten Morgen von 1980. Eigentlich längst vergessen, die Schadenfreude der KPD/ML über die Auflösung eines verhassten Mitbewerbers um Revolution und Arbeiterklasse. Sie hätten was draus lernen können und ihren Verein ebenfalls mal hinterfragen können. Sie dachten nicht dran und so machten sie noch viele Jahre weiter, bis auch die letzten Idealisten langsam aufwachten und nur noch die übrigblieben, die den Ausgang nicht fanden und ihre Pseudoheimat nicht verlieren wollten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kann man sie noch heute online bewundern.

Aktualisiert 8.4.18

PS: Mit Hilfe der Suchfunktion, die immerhin einzelne Begriffe in den Texten mit denen die Zeitungsinhalte kurz  beschrieben werden auffindet, ist es möglich genauer zu recherchieren und auch ganze Themenbereiche zu lesen. Wie haben sich die Parteien und Gruppen zu bestimmten Themen geäußert. Die Originalscans lassen sich so nicht auslesen, da es sich um Bilddateien handelt. Da muß man schon selbst lesen. Wie in der guten alten Zeit.