1.Mai 2012 Frankfurt |
Erinnerungen einer Kommunistin in Deutschland 1920 - 1933
Rosa Meyer Leviné, verheiratet mit Ernst Meyer, bis 28 Mitglied der Zentrale der KPD, bis 22 Parteiführer gehörte damit zum inneren Kreis der KPD. In dem Buch Erinnerungen einer Kommunistin in Deutschland, sind ihre Aufzeichnungen und Erinnerungen über diese Zeit zusammengestellt. Auf die Parteizeitung und die Propagandameldungen der Roten Fahne war sie daher nicht angewiesen, sie hatte direkte Informationen was in der Partei vorging.
Dies ist sicher weder eine objektive noch neutrale Darstellung, die sie abliefert. Zudem war sie stets überzeugte Kommunistin, was daher von Bedeutung ist, wenn es um Kritik an der Parteipolitik und dem Stalinismus geht. Sicher ist sie parteiisch, vor allem wenn es um Ernst Meyer geht, über dessen Entmachtung einiges zu erfahren ist , ebenso über die Abwesenheit der Partei bei seiner Beerdigung, freilich ließen es sich ca Sechstausend einfache Genossen nicht nehmen, ihren Vorsitzenden die letzte Ehre zu erweisen.
Wenn von der KPD gesprochen wird, dann heißt es zumeist die Thälmann KPD. Hier erfahren wir aber, ohne Ernst Meyer hätte es die KPD in dieser Form gar nicht gegeben und Thälmann war als Vorsitzender intelektuell überfordert und überließ zweckmäßigerweise gleich Stalin das Denken.
Verständlicherweise hat aus ihrer Sicht Ernst Meyer eine größere Bedeutung für die KPD, als die KPD ihn nach seinen Tod zugestehen wollte. Hier geht es um seinen Verdienst, nach der Niederlage des Spartakusaufstandes einschließlich der Ermordung ihrer Führer, die KPD zu einer ernstzunehmenden Organisation reorganisiert zu haben.
Es ist einiges über die Auseinandersetzungen innerhalb der Partei mit den sog. Versöhnlern zu lesen. Meyer zählte zu diesen und es ging um die Frage, sich mit den organisierten Arbeitern in der SPD bzw. Gewerkschaften zu einigen um diese zu gewinnen. Für andere in der Partei war die SPD der Hauptfeind und mit Thälmann setzte sich diese Richtung schließlich durch, mit etwas Nachhilfe Stalins.
Hier wird vieles spezifisch und die Auseinandersetzungen nachzuvollziehen setzt etwas Hintergrundwissen voraus und da viele Namen nicht allen Lesern geläufig sein dürften, gibt es ein Namensverzeichnis mit den Basisdaten zu den einzelnen Personen. Es geht um Personen und Vorgänge die in den 20er Jahren von Bedeutung waren, sowohl in Deutschland als auch in der SU. Teils subjektiv werden Personen wie Bucharin oder Münzenberg aus persönlichen Begegnungen vorgestellt, einschließlich ihr oft undankbares Ende.
Über die Partei und ihre Reisen in die SU erfahren wir also aus dem Blick einer Kommunistin und wenn Kommunisten seinerzeit Kritik an der SU äußerten, dann mußten die Mißstände schon sehr offensichtlich sein. Schließlich waren Kommunisten schon aus ideologischen Gründen bereit, über vieles solidarisch hinwegzusehen.
So stieß sie bereits unter Lenin der Prozeß gegen sogenannte Saboteure recht bitter auf, die gespenstische Szene war eben etwas, das nicht mit rechen Dingen zu zugehen schien. Dabei war das noch harmlos zu dem was noch folgen sollte.
Weiterhin wird die Parteipolitik beschrieben. Die KPD erwies sich zu oft als inkonsequent und unzuverlässig, so als wussten ihre Führer selbst nicht, was sie eigentlich wollten. Die gewaltsame Machtübernahme vorbereiten und dann alles absagen, dann die "Sozialfaschisten" bekämpfen und dazu wenn es half, auch mit den Nazis zusammenarbeiten, Hauptsache man konnte den Sozialdemokraten schaden, nicht verwunderlich, wenn am Ende viele Genossen zu den Nazis überliefen. Hier geht es um ihre Sicht auf die innere Zerstörung der KPD, die in diesem Zustand zu ernsthaften Widerstand gegen die Machtübernahme der Nazis freilich nicht mehr fähig war.
Inzwischen schien ihre Lage in Deutschland derart bedrückend zu werden, das sie ihren Aufenthalt in der SU als Erholung empfand, trotz Stalins Politik gab es an der Basis ja noch viel Idealismus und Einsatz, was einen Ausblick gab, wie eine kommunistische Gesellschaft aussehen könnte.
Hier geht es um Geschichten, die keinen Eingang in die offizielle Parteigeschichte fanden, wie sie später in der DDR vorgestellt wurde, bzw kleingeredet, wenn nicht gleich verschwiegen wurden.
Im Zusammenhang mit der Änderung der Parteilinie, der Ausrichtung an Stalins Anweisungen wird die Veränderung an den Beteiligten beschrieben, die vielfach von eigenständig denkenden Genossen zu Befehlsempfängern wurden. Das liest sich wie folgt:
"Ich erinnere mich an Ernsts Worte, als er von Bucharins erster Kapitulation im November 1929 erfuhr. Wenn die Kommunistische Partei nur noch für zerstörte Persönlichkeiten Platz hat, dann hat die Geschichte keinen Platz mehr für die Kommunistische Partei."
Der Mechanismus der kritisch denkende Genossen aus Parteigehorsam den eigenen Verstand abschalten und jede eigenen Bedenken vergessen lässt, wird wie folgt, durchaus treffend beschrieben.
"Die Abhängigkeit des Parteiarbeiters bringt es mit sich, das er aufhört, alles zu sagen, was er denkt. Im Anfang unterdrückt er seine Kritik aus Solidarität mit der Bewegung, aber nach und nach werden die Grenzen des duldsamen Hinnehmens immer weiter hinausgeschoben. Er schweigt, kommt aber dadurch in Konflikt mit sich selbst und ist schließlich, wenn ihm die Kraft zum Bruch mit der kommunistischen Bewegung mangelt, ein Gefangener der Partei oder des Kominternapparates. Wenn er dann noch in die Mühle der Kritik und Selbstkritik, der sogenannten Durcharbeitung durch die Komintern, gerät und gegen seine Überzeugung angebliche politische Fehler öffentlich bekennen muß, ist sein seelisches Rückgrad sehr bald gebrochen."
Dies ist sicher weder eine objektive noch neutrale Darstellung, die sie abliefert. Zudem war sie stets überzeugte Kommunistin, was daher von Bedeutung ist, wenn es um Kritik an der Parteipolitik und dem Stalinismus geht. Sicher ist sie parteiisch, vor allem wenn es um Ernst Meyer geht, über dessen Entmachtung einiges zu erfahren ist , ebenso über die Abwesenheit der Partei bei seiner Beerdigung, freilich ließen es sich ca Sechstausend einfache Genossen nicht nehmen, ihren Vorsitzenden die letzte Ehre zu erweisen.
Wenn von der KPD gesprochen wird, dann heißt es zumeist die Thälmann KPD. Hier erfahren wir aber, ohne Ernst Meyer hätte es die KPD in dieser Form gar nicht gegeben und Thälmann war als Vorsitzender intelektuell überfordert und überließ zweckmäßigerweise gleich Stalin das Denken.
Verständlicherweise hat aus ihrer Sicht Ernst Meyer eine größere Bedeutung für die KPD, als die KPD ihn nach seinen Tod zugestehen wollte. Hier geht es um seinen Verdienst, nach der Niederlage des Spartakusaufstandes einschließlich der Ermordung ihrer Führer, die KPD zu einer ernstzunehmenden Organisation reorganisiert zu haben.
Es ist einiges über die Auseinandersetzungen innerhalb der Partei mit den sog. Versöhnlern zu lesen. Meyer zählte zu diesen und es ging um die Frage, sich mit den organisierten Arbeitern in der SPD bzw. Gewerkschaften zu einigen um diese zu gewinnen. Für andere in der Partei war die SPD der Hauptfeind und mit Thälmann setzte sich diese Richtung schließlich durch, mit etwas Nachhilfe Stalins.
Hier wird vieles spezifisch und die Auseinandersetzungen nachzuvollziehen setzt etwas Hintergrundwissen voraus und da viele Namen nicht allen Lesern geläufig sein dürften, gibt es ein Namensverzeichnis mit den Basisdaten zu den einzelnen Personen. Es geht um Personen und Vorgänge die in den 20er Jahren von Bedeutung waren, sowohl in Deutschland als auch in der SU. Teils subjektiv werden Personen wie Bucharin oder Münzenberg aus persönlichen Begegnungen vorgestellt, einschließlich ihr oft undankbares Ende.
Über die Partei und ihre Reisen in die SU erfahren wir also aus dem Blick einer Kommunistin und wenn Kommunisten seinerzeit Kritik an der SU äußerten, dann mußten die Mißstände schon sehr offensichtlich sein. Schließlich waren Kommunisten schon aus ideologischen Gründen bereit, über vieles solidarisch hinwegzusehen.
So stieß sie bereits unter Lenin der Prozeß gegen sogenannte Saboteure recht bitter auf, die gespenstische Szene war eben etwas, das nicht mit rechen Dingen zu zugehen schien. Dabei war das noch harmlos zu dem was noch folgen sollte.
Weiterhin wird die Parteipolitik beschrieben. Die KPD erwies sich zu oft als inkonsequent und unzuverlässig, so als wussten ihre Führer selbst nicht, was sie eigentlich wollten. Die gewaltsame Machtübernahme vorbereiten und dann alles absagen, dann die "Sozialfaschisten" bekämpfen und dazu wenn es half, auch mit den Nazis zusammenarbeiten, Hauptsache man konnte den Sozialdemokraten schaden, nicht verwunderlich, wenn am Ende viele Genossen zu den Nazis überliefen. Hier geht es um ihre Sicht auf die innere Zerstörung der KPD, die in diesem Zustand zu ernsthaften Widerstand gegen die Machtübernahme der Nazis freilich nicht mehr fähig war.
Inzwischen schien ihre Lage in Deutschland derart bedrückend zu werden, das sie ihren Aufenthalt in der SU als Erholung empfand, trotz Stalins Politik gab es an der Basis ja noch viel Idealismus und Einsatz, was einen Ausblick gab, wie eine kommunistische Gesellschaft aussehen könnte.
Hier geht es um Geschichten, die keinen Eingang in die offizielle Parteigeschichte fanden, wie sie später in der DDR vorgestellt wurde, bzw kleingeredet, wenn nicht gleich verschwiegen wurden.
Im Zusammenhang mit der Änderung der Parteilinie, der Ausrichtung an Stalins Anweisungen wird die Veränderung an den Beteiligten beschrieben, die vielfach von eigenständig denkenden Genossen zu Befehlsempfängern wurden. Das liest sich wie folgt:
"Ich erinnere mich an Ernsts Worte, als er von Bucharins erster Kapitulation im November 1929 erfuhr. Wenn die Kommunistische Partei nur noch für zerstörte Persönlichkeiten Platz hat, dann hat die Geschichte keinen Platz mehr für die Kommunistische Partei."
Der Mechanismus der kritisch denkende Genossen aus Parteigehorsam den eigenen Verstand abschalten und jede eigenen Bedenken vergessen lässt, wird wie folgt, durchaus treffend beschrieben.
"Die Abhängigkeit des Parteiarbeiters bringt es mit sich, das er aufhört, alles zu sagen, was er denkt. Im Anfang unterdrückt er seine Kritik aus Solidarität mit der Bewegung, aber nach und nach werden die Grenzen des duldsamen Hinnehmens immer weiter hinausgeschoben. Er schweigt, kommt aber dadurch in Konflikt mit sich selbst und ist schließlich, wenn ihm die Kraft zum Bruch mit der kommunistischen Bewegung mangelt, ein Gefangener der Partei oder des Kominternapparates. Wenn er dann noch in die Mühle der Kritik und Selbstkritik, der sogenannten Durcharbeitung durch die Komintern, gerät und gegen seine Überzeugung angebliche politische Fehler öffentlich bekennen muß, ist sein seelisches Rückgrad sehr bald gebrochen."