Dienstag, 7. November 2023

Rote Hilfe zu Gaza

Screenshot

 Mit dem Schrieb der „Roten Hilfe“ zu Palästina unter dem Titel; „Für den palästinensischen Widerstand,“ ist ihnen ein erbärmliches Zeitdokument gelungen, was den traditionellen Antiimperialismus als Ideologie deutlich macht. Genau diesen Antiimperialismus der heute als Antikolonialismus scheinbar etwas moderner auftritt. Man könnte glauben, wer immer das geschrieben hat, ist in den 70ern in eine Zeitmaschine gestiegen, heute gelandet und hat über vierzig Jahre Diskussion und Auseinandersetzungen innerhalb der Linken verschlafen.

Die RHI ist eine Organisation der revolutionären Linken und unterstützt als solche alle Völker, die sich im Widerstand gegen Kolonialismus, Neokolonialismus und Imperialismus befinden. Die historische Erfahrung hat gezeigt,dass der Sieg über Kolonialismus, Neokolonialismus und Imperialismus meist über eine Episode des bewaffneten Widerstands führt. Jede Unterstützung für ein unterdrücktes Volk, die ihm das Recht auf bewaffneten Widerstand abspricht, ist Heuchelei. Die RHI erkennt das Recht der Völker auf Selbstbestimmung auch dann an, wenn ihre nationale Befreiungsbewegung keine fortschrittliche Führung hat. Die Tatsache, dass die Islamisten die politische Führung in Gaza oder die prowestlichen Kräfte die politische Führung im Westjordanland haben, ändert nichts am Recht des palästinensischen Volkes auf Widerstand gegen Besatzung, Kolonisierung und Apartheid.

Damit sind die Fronten klar. Mit der Grundannahme, Israel ist eine Kolonialmacht, wird unterstellt, daß sie da im Grunde fehl am Platze sind und um sie loszuwerden, ist jedes Mittel erlaubt. Auch wenn sie keine fortschrittliche Führung hat. Eine echt nette Bezeichnung für eine Mörderbande wie der Hamas, der es um einen judenfreien Gottesstaat geht und die aktuell offen gezeigt hat, wie sie den zu realisieren gedenkt, wenn sie nur könnte. Doch das ändert nichts 'am Recht des palästinensischen Volkes auf Widerstand gegen Besatzung, Kolonisierung und Apartheid.'

Mal davon abgesehen, daß es da etwas anders zugeht als etwa in Südafrika oder in den USA der 60er, der Begriff der Apartheid ist ein fester Bestandteil jeder Palästinasolidarität. In Südafrika verstand man unter Apartheid, Rassentrennung. Das soll in dem Fall also heißen, Israelis und Palästinenser wären zwei unterschiedliche Rassen? Und daß, wo doch in der Woke Bewegung gepredigt wird, es gibt gar keine Rassen. Das nur nebenher gesagt. Und was die Kolonisierung angeht. Wo wäre denn dann das israelische Mutterland zu verorten? Historisch gesehen, haben doch Kolonialreiche ein Mutterland. Nun es gibt Ausnahmen, wie Russland das nach wie vor das größte Kolonialreich darstellt. Es versteht sich, was aktuell in der Westbank an Verdrängung läuft ist durchaus zu hinterfragen, doch der Hamas geht es gar nicht um Land. Ihnen geht es wie allen Islamisten um den globalen Gottesstaat. Vorher werden sie keine Ruhe geben. Was zeigt, mit ihnen kann man nur mit einer geladenen Waffe in der Hand verhandeln. Die einzige Sprache, die sie verstehen.

Aus Prinzip und historischer Erfahrung steht die revolutionäre Linke jedem theokratischen politischen Projekt und damit auch dem Islamismus ablehnend gegenüber. Die RHI unterstützt die Kräfte der palästinensischen Linken, die für das ursprüngliche Projekt der palästinensischen Revolution eintreten, nicht für ein Palästina, das in einen jüdischen und einen muslimischen Staat geteilt ist, nicht für ein vereinigtes islamisches Palästina, sondern für ein freies, säkulares und demokratisches Palästina vom Jordan bis zum Meer, das allen Völkern offen steht. Ein Palästina, in dem die Bürger ungeachtet ihrer Herkunft oder ihres Glaubens die gleichen Rechte hätten. Ein Palästina,in dem historische Ungerechtigkeiten wiedergutgemacht werden, also ein Palästina, das den Nachkommen der Flüchtlinge von 1948 und 1967 die Rückkehr ermöglicht.

Das ist aber nett, wenn ihr das unterstützen wollt. Ein Palästina in dem alle Bürger die gleichen Rechte hätten? Aus der Geschichte weiß jeder, der es wissen will, die Palästinenser seinerzeit sprachen den Juden grade mal die Funktion einer geduldeten Minderheit zu, wenn überhaupt. Daran waren die ansässigen Juden wenig interessiert, denn dann hätten sie auch gleich in Europa bleiben können. Und was war nun das 'ursprüngliche Projekt der palästinensischen Revolution?' Ein 'freies, säkulares und demokratisches Palästina.' Ein wenig idealistisch diese Vorstellung. Die ansässigen Israelis vertrauten da eher ihren Waffen als solchen Versprechungen. Das war die Erfahrung die sie mit ihren Feinden gemacht hatten. Mit denen konnte man nicht in Europa reden und auch nicht im Nahen Osten.

„…...den Nachkommen der Flüchtlinge von 1948 und 1967 die Rückkehr ermöglicht.“

Ob sie davon Gebrauch machen würden, selbst wenn sie könnten? Die Nachkommen der Flüchtlinge die heute innerhalb der arabischen Gemeinde in den europäischen Großstädten demonstrieren, wer von denen würde freiwillig in die Westbank oder sogar in den Gaza umsiedeln wollen? Die bringen keine zehn Pferde da hin. In Neukölln gibt es eben keine Hamas, die Paare auf der Straße kontrolliert, ob sie verheiratet oder verwandt sind. Dafür können sie in Europa ihren Hass rausschreien.

Die Brutalität einiger Aspekte der Hamas-Offensive kann nicht von der allgemeinen Situation isoliert betrachtet werden, in der sie sich manifestiert. Es sei daran erinnert, dass die israelischen Streitkräfte, als die Hamas 2018 an der Gaza-Grenze den “Marsch für die Rückkehr” mit Tausenden unbewaffneten Demonstrant:innen organisierte,wiederholt das Feuer eröffneten und dabei 253 unbewaffnete Demonstrant:innen töteten und 5866 weitere durch Schüsse verletzten. Die Geschichte zeigt, dass die Entkolonialisierungskriege extrem brutale Kriege sind. Der symbolträchtigste unter ihnen, der Algerienkrieg, war durch und durch von Massakern an Kolonisierenden und Kolonisierten geprägt. Es geht nicht darum, “zu billigen” oder “zu verurteilen”. Es geht lediglich darum, festzustellen, dass die koloniale Abscheulichkeit die härtesten Formen des Widerstands und der Unterdrückung hervorbringt.

Da fehlt nur noch ein Amen drunter. Damit wird dem Morden der Hamas die Absolution erteilt. Was den Hinweis auf den sogenannten “Marsch für die Rückkehr”angeht. Erstens waren es Demonstranten, wenn schon. Frauen hatten da nichts zu suchen. Also spart euch den Genderscheiß.

'…...wiederholt das Feuer eröffneten.....' Nun, eine Grenze ist eine Grenze und wenn man jeden durchlässt, kann man s auch gleich lassen. Und was sie auf der anderen Seite wollten? Nur mal freundlich grüßen, was auch sonst? Und da beklagen sich ausgerechnet diejenigen, für die der Antifaschistische Schutzwall seinerzeit eine legitime Grenzsicherung und jede Kritik daran, rechts und reaktionär war. Dies nur zur Erinnerung. Nicht zu vergessen, die linken Zeitgenossen, die in den Prozessen gegen DDR-Grenzposten wegen Schüsse auf Flüchtende, nur eine Rachejustiz der BRD sehen wollten.

'Es geht lediglich darum, festzustellen, dass die koloniale Abscheulichkeit die härtesten Formen des Widerstands und der Unterdrückung hervorbringt.'

Das lässt sich so übersetzen. Die Hamas als Kämpfer gegen die „koloniale Abscheulichkeit“ haben damit einen Freibrief. Sie können also machen was sie wollen, schuld ist auf jeden Fall die Kolonialmacht. In dem Fall ist wie immer, Israel an allem Schuld. Das sollen Linke sein, die sich immerhin mal die Sache der Aufklärung auf die Fahnen geschrieben haben? Und damit auch eine Eingrenzung der Gewalt, wie etwa in der Genfer Konvention beschlossen. Was diese angeht, für Islamisten und weite Teile der arabischen Staaten, ist diese eher Teufelswerk aus dem Westen. Was mit Feinden und Gefangenen zu geschehen hat, steht in einen vor langer Zeit geschriebenen Buch. Das freilich die Hamas nicht allzu genau nimmt, denn sogar da wird Geiselnahme abgelehnt. Nun, das ist nicht neu. Was sich durch den Konflikt zieht, ist das stete Beharren auf die Regeln des Völkerrechts, die offenbar nur für Israel gelten. Ihre Gegner werden (zumindest wenn es um Gewalt geht) als Steinzeitmenschen betrachtet, für die Kriegs und Völkerrecht eine Zumutung wäre. Auf keinen der aktuellen Demos findet sich der Hinweis, daß die Verschleppung von Zivilisten illegal ist. Offenbar wird der Hamas Geiselnahme als legitime Kampfform zugestanden.

Die Bündnisse, die zwischen den verschiedenen Kräften des palästinensischen Widerstands geschlossen wurden, sind ein direkter Ausdruck der Unterdrückung, die das palästinensische Volk erleiden muss.

Die Hamas hat etliche ihrer Freunde vom palästinensischen Widerstand seinerzeit abgemurkst, schon vergessen? Doch der palästinensische Widerstand kann nicht wählerisch sein und da sollten Linke Verständnis für haben. In Deutschland nennt man sowas übrigens Querfront und die wird von der Mehrheit der Linken abgelehnt. Gab’s bekanntlich schon mal, als KPD und Nazis kooperierten. Den Kommunisten half es wenig.

„Das schafft schwierige und komplexe Situationen, aber wenn die revolutionäre Linke in Europa die Realitäten verändern und nicht nur moralische Positionen zum Ausdruck bringen will, muss sie lernen, sich in unübersichtlichen und sich verändernden Situationen zu positionieren.“

Der war gut. Seit Jahrzehnten tritt die Linke Europas auf der Stelle und schafft es nicht, einen relevanten Anteil der Bevölkerung (von der Mehrheit nicht erst zu reden) von ihren guten Absichten zu überzeugen. Dann soll sie halt endlich diese verstaubten moralischen Positionen aufgeben. Ok, kann man zwar machen, aber dann hast gar nichts mehr, denn von realer Macht ist die Linke nach wie vor weit entfernt.

„Als Kraft der revolutionären Linken müssen wir lernen, wie wir uns in diese offensiven Volksbewegungen, die nicht unsere politischen und ideologischen Referenzen haben, einbringen können, indem wir unsere Analysen und Projekte aufwerten.“

Wie darf man das verstehen? Das ist hier zu lesen. 

 
„Wir haben bereits die ersten Anzeichen dafür gesehen, als jede Kritik an der offiziellen Gesundheitspolitik stigmatisiert wurde und die kleinste Kritik an der Position der Ukraine oder der NATO bei der Entstehung des Krieges in der Ukraine als “Unterstützung der Putin-Aggression” verurteilt wurde.
Die Leichtigkeit und Stärke, mit der die Rechte einen einheitlichen, bedingungslos proisraelischen Diskurs durchgesetzt hat, muss analysiert werden, zumal auf diese politisch-ideologische Offensive eine polizeilich-juristische Offensive mit Verboten und Gerichtsverfahren folgt.“

Sind das noch Linke, oder bereits Querfrontler? Mal davon abgesehen, daß sie Quatsch erzählen und übertreiben, sie fallen weit hinter den Positionen der heutigen Linken zurück, von der sich viele von der Gut/Böse Front schon lange verabschiedet haben. Was hier deutlich zu lesen ist, so sieht linke Propaganda aus, der viele, die mal mitgemacht haben nicht mehr trauen. Sie sind zu oft auf die eigenen Parolen hereingefallen.
 
„Heute geben die israelischen Kriegsverbrechen in Gaza wieder Raum für eine öffentliche Unterstützung der palästinensischen Sache. Wir müssen jedoch über den Moment der Verblüffung nachdenken, in dem viele Kräfte schwiegen oder sich, schlimmer noch, von der palästinensischen Sache distanzierten, aus Angst, als “pro-Hamas”wahrgenommen zu werden. Es gab hier eine Schwäche, über die wir nachdenken müssen, denn diese Art von Schwäche kann die Rechte nur dazu ermutigen, noch weiter zu gehen.“

Der war gut, aber echt. Die Meldungen über den Massenmord an Frauen und Kindern und an Menschen, die nur feiern wollten, hat naturgemäß Erschrecken ausgelöst. Auch bei denen, die sich bisher für Palästina positionierten. Da hat es die Hamas ein wenig übertrieben, so könnte man meinen. Nein, hat sie nicht. Sie hat offen gezeigt, wie sie sich den „Befreiungskampf“ vorstellt und zu führen gedenkt. Zudem trafen sie eben die moderaten Israelis, die Frieden wollten. Worauf die Hardliner nun schadenfroh sagen können, das habt ihr davon. Die verstehen eben nur Gewalt.
Auch die Gutwilligen begriffen endlich, mit wem sie sich da gemeinmachen. Wer das Schwäche nennt, für den dürfte die Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen auch nur eine Schwäche darstellen. Oder jene Art von Bedenken, was die Auslöschung des alten Zks und die Säuberungen, noch mit einer befreiten Gesellschaft zu tun hatten. Alles nur eine Schwäche. Wer solche Texte verfasst, dem ist zuzutrauen, daß er nach der Machtübernahme bedenkenlos auf seine Mitstreiter schießen wird, weil sie noch eigene Gedanken haben. Auf solche Linke kannst echt stolz sein. Ironischerweise können sie im kapitalistischen Westen solchen Textmüll verfassen. In islamischen Ländern oder im Gaza würden sie hängen.

„ …........ die Solidarität mit dem palästinensischen Volk und dem bewaffneten palästinensischen Widerstand zu verstärken, den auf Kolonisierung und Apartheid basierenden Staat Israel anzuprangern, das Ziel eines befreiten Palästinas vom Meer bis zum Jordan zu übernehmen und sich praktisch mit den verfolgten Strukturen der revolutionären palästinensischen Linken in Europa, angefangen beim Samidoun-Netzwerk, zu solidarisieren.“

Vom Meer bis zum Jordan. Das ist einfach zu übersetzen. Der Staat Israel muß weg. Und wie die Hamas anschaulich demonstriert hat, seine Bewohner gleich mit. Wer sich damit solidarisieren will, der könnte konsequenterweise auch die Rückgabe Kambodschas an die Roten Khmer fordern und hält Nord-Korea sicher für das wunderbarste Land auf der Welt.