12.12.2019 Jungle World
Die stalinistische MLPD versucht, »Fridays for Future« zu vereinnahmen
Stalinisten beim Klimaprotest
Anhänger von »Fridays for Future« beklagen Konflikte mit der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Diese versucht vielerorts, Demonstrationen für sich zu vereinnahmen.
Von
Tobias Kaluza
Immer wieder tritt die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), eine stalinistische Kleinpartei, bei Demonstrationen von »Fridays for Future« (FFF) auf. Die Klimaschützer schließen zwar grundsätzlich niemanden aus, bitten teilnehmende Parteimitglieder aber darum, auf das Tragen von Parteiflaggen zu verzichten. Die MLPD ignoriert diese Bitte konsequent, verteilt regelmäßig Flugblätter und gibt sich als Teil der Klimabewegung aus.
In den vergangenen Monaten berichteten Anhänger von FFF vermehrt von Zwischenfällen mit der MLPD. Einem Bericht des Internet-Portals »Ruhr 24« zufolge sollen Parteimitglieder am 20. September beim Klimastreik in Dortmund ein Banner mit der Aufschrift »Gegen jeden Antisemitismus« heruntergerissen haben. Nach einer Demonstration in Erfurt am 27. September berichtete Tassilo Timm, der Landesvorsitzende der MLPD Thüringen, »einige antikommunistische Spalter« seien dort »Amok« gelaufen. »Nach Störaktionen gegen die MLPD riefen sie sogar die Einsatzleitung der Polizei, die doch tatsächlich alle Fahnenträger von MLPD und Rebell (der Jugendorganisation der Partei, Anm. d. Red.) zur Personenkontrolle abführte«, ließ sich Timm auf der Website der Partei zitieren.
Auch in Düsseldorf gab es bereits häufiger Probleme mit der Partei. »Beim Klimastreik am 29. November haben die uns den ganzen dritten Demoblock verjagt«, sagte Lukas Mielczarek von FFF Düsseldorf im Gespräch mit der Jungle World. »In diesem hinteren Teil waren vor allem verschiedene linke Gruppen unterwegs. Vor dem Block lief die MLPD mit eigenem Megaphon und einem riesigen Banner, so dass es aussah, als gehörte der gesamte Block zu denen.« Die Demonstrierenden dahinter hätten die MLPD aufgefordert, das Banner einzupacken. »Das haben sie nicht gemacht und daraufhin sind viele gegangen«, so Mielczarek.
»Die Polizei übernimmt, was die MLPD sagt, stellt das als Tatsache dar und ist uns gegenüber dann weniger kooperativ.« Lukas Mielczarek, Fridays for Future Düsseldorf
Im Verlauf der Demonstration habe die MLPD auch einen Ordner von FFF angezeigt. Die Partei habe behauptet, dieser habe eine Demonstrantin verletzt. »Das stimmt nicht. Unser Ordner hat eine MLPD-Anhängerin minimal mit ihrem eigenen Fahnenstock gestreift. Da ist aber nichts passiert«, sagt Mielczarek. Die Anzeige hatte Folgen. »Bei einem späteren Kooperationsgespräch hat die Polizei uns gesagt, es gehe nicht, dass unsere Ordner Demonstranten verletzten. Die Polizei übernimmt, was die MLPD sagt, stellt das als Tatsache dar und ist uns gegenüber dann weniger kooperativ«, so Mielczarek. Diese Taktik der MLPD schade FFF. Eine andere Strategie der MLPD sei es, die Fahnen zu wechseln. Mielczarek sagt: »Wenn auf der Demo gesagt wird, dass die MLPD nicht erwünscht sei, dann stehen die kurz darauf mit den Fahnen ihrer Jugendorganisation Rebell da.«
Im Laufe des Jahres sei es regelmäßig zu Zwischenfällen gekommen. Bei einer Demonstration habe sich ein MLPD-Anhänger mit eigener Ordnerbinde als offizieller Ordner ausgegeben. Ein anderes Mal hätten Parteimitglieder nicht nur die Parteizeitung Rote Fahne verteilt, sondern auch das Parteiprogramm.
Die MLPD versucht, die Klimaschützer einzuschüchtern. »Mich haben sie mit Klarnamen in der Roten Fahne genannt und als ›grünen Parteifunktionär‹ bezeichnet«, sagt Mielczarek. Zudem sei die Telefonnummer eines Mitglieds der »Parents for Future« veröffentlicht worden.
Gabi Fechtner, die Bundesvorsitzende der MLPD, bezeichnete FFF-Anhänger, die MLPD-Mitgliedern das Tragen von Parteifahnen untersagen wollten, in einer Mitte September veröffentlichten Pressemitteilung der Partei als »Spalter« und »Liquidatoren«, die »ihr antikommunistischer Fanatismus« blind gemacht habe. In einem Mittwoch voriger Woche veröffentlichten Bericht der Roten Fahne heißt es, am 29. November habe es beim Klima-streik in Dortmund eine »Pogromstimmung« gegen die MLPD gegeben.
Auch Geschichtsklitterung und Verschwörungstheorien finden sich in der Parteizeitung. Im März wurde dort der angeblich erfolgreiche Umweltschutz unter Stalin und Mao Zedong angepriesen. Am Mittwoch voriger Woche wurde anlässlich des Welt-Aids-Tags am vorvergangenen Sonntag behauptet, HIV sei eine »vom US-Imperialismus konstruierte missglückte Biowaffe«.
»Anfangs konnten wir uns noch durchsetzen«, berichtet Mielczarek. Da habe die Polizei die MLPD noch von der Demonstration ausgeschlossen. Doch die Partei habe dagegen geklagt und recht bekommen. »Die haben jedes Mal ihren eigenen Anwalt dabei.
Jetzt sind uns die Hände gebunden, auch weil die Polizei nichts mehr machen kann. Denn die sagt, sie könne nur etwas machen, wenn die MLPD ein Sicherheitsrisiko darstelle«, so Mielczarek. Genau dies sei die MLPD, denn es werde immer zu Konflikten mit der Partei kommen. Weil sie beanspruchten, überparteilich zu sein, wollten viele FFF-Anhänger niemanden ausschließen. »Wir wollen denen ja nicht das Demonstrieren verbieten«, betont Mielczarek. »Aber sie sollen uns nicht schaden. Deswegen ist es wichtig, den Leuten zu sagen, dass die MLPD nicht zu uns gehört.«
Auch Leonie Bremer, die Sprecherin von FFF Deutschland, kritisiert die Partei. »Die MLPD versucht immer wieder, sich aufzudrängen, und gibt sich als Teil von Fridays for Future aus, was sie aber nicht ist. Sie verteilt ihre Flyer und schreibt da ›Fridays for Future‹ drauf«, sagte Bremer im Gespräch mit der Jungle World. So sei es auch beim Sommerkongress der Bewegung gewesen, der vom 31. Juli bis 4. August in Dortmund stattfand. »Da die MLPD nicht auf das Gelände durfte, haben die Mitglieder am Eingang ihre Flyer verteilt«, so Bremer. »Sie treten auch unseren offenen Whatsapp-Gruppen bei und geben sich als Aktivisten aus. Allerdings werden sie recht schnell erkannt und dann rausgeworfen.«
FFF Dortmund distanzierte sich Anfang Oktober in einer Erklärung deutlich von der MLPD. Die Ideologie der Partei sei mit den Zielen der Bewegung unvereinbar, hieß es dort. Sie verbreite auf ihrer Website antisemitische Verschwörungstheorien und unterstütze die antisemitische BDS-Kampagne.
Und so liest es sich bei der Partei für den echten Sozialismus
Wie versucht wird, FFF zu instrumentalisieren und zu zerstören
Mittwoch, 18.09.2019, 22:50 Uhr
Vor einem Jahr hat die mutige Greta Thunberg mit Fridays for Future (FFF) begonnen. Seitdem ist eine bisher einzigartige weltweite Jugendbewegung von Millionen Teilnehmern entstanden. Massenhaft ist ein Umweltbewusstsein erwacht.
Den Umweltverbrechern dieser Welt ist das ein Dorn im Auge. Denn konsequenter Umweltschutz ist mit dem Kapitalismus heute nicht mehr vereinbar.
Die bürgerlichen Parteien im Bundestag – CDU und FDP, aber auch SPD und Grüne – sind schon lange willige Dienstleister für die Konzerne. Sie spielen ein schmutziges Spiel mit FFF, wollen FFF auf systemkonforme Bahnen trimmen und Kapitalismuskritik aus der Bewegung säubern. Dafür machen sie sich sogenannte „Nichtregierungsorganisationen“ und auch junge Vertreter der bürgerlichen Parteien zunutze. Mit undemokratischen, repressiven und intriganten liquidatorischen, also zerstörerischen, Methoden soll der Bewegung ihre Radikalität genommen werden. Gegen Revolutionäre und Sozialisten, kapitalismuskritische Kräfte, vor allem von der MLPD und dem Jugendverband REBELL, wird eine miese antikommunistische Hetze entfaltet unter der scheinheiligen Losung „keine Flaggen, keine Parteien“.
Von wem kommt diese üble Hetze? Schon in den letzten Jahren, wie in der Bewegung gegen die Polizeigesetze, hatte sie ihren Ausgangspunkt bei Geheimdiensten, Polizei und ultrareaktionären Medien wie der BILD. Diese forderte schon am 15. Juni 2019, die MLPD auszuschließen. Verfassungsschützer Torsten Voß forderte am 7. Juli 2019, dass FFF sich von „Linksradikalen“ abgrenzen solle1. FFF soll also brav, systemkonform und antikommunistisch werden? Von solchen Leuten kann sich die Jugendbewegung nicht gängeln lassen!
Das neue Flugblatt zu Fridays-for-Future
Im neuen Flugblatt vom Rebell heißt es:
„Für die Rettung der Umwelt müssen wir kämpfen! Diese Erkenntnis bricht sich Bahn. Seit Monaten halten die Fridays for future Proteste in hunderten Städten Deutschlands, in Europa und weltweit an. Kreativ, mit viel Einsatz und mit Fach- und Detailwissen rebellieren hunderttausende Jugendliche an einer Zukunftsfrage der Menschheit.
Trotz aller geheuchelten Einsicht halten die Herrschenden an ihrer Politik im Dienste der kapitalistischen Profitwirtschaft fest und riskieren dabei mutwillig die Zerstörung unser aller Lebensgrundlagen. Regionale Wetterextreme, ein alarmierendes Artensterben, Abtauen der Permafrostböden – immer mehr Faktoren des Umschlags in die globale Umweltkatastrophe werden sichtbar. Verachtung von Mensch und Natur zieht sich durch die gesamte Politik der Regierung. Dazu zählt auch die Verschärfung der reaktionären und menschenverachtenden Asyl- und Flüchtlingspolitik. Der faschistische Mord am CDU-Politiker Lübcke lässt nur erahnen, dass der NSU-Skandal mitnichten aufgearbeitet ist. Dazu zählen die explodierenden Mieten für die Profite von Bau- und Wohnungskonzernen, die wachsende Rüstung und Kriegsgefahr usw.
Die Frage nach der gesellschaftlichen Perspektive rückt ins Zentrum. Der technische Fortschritt und gesellschaftliche Reichtum wird im Kapitalismus in sein dekadentes Gegenteil verkehrt. Eine Gesellschaftsordnung in Einheit von Mensch und Natur ist möglich, wenn nicht mehr der Profit diktiert. Dafür muss der Kapitalismus gestürzt und der echte Sozialismus aufgebaut werden.
Umwelt und Arbeiterbewegung – Hand in Hand!
Die globale Umweltkatastrophe ist kein unabwendbares Schicksal – wenn wir die häufig noch relativ spontanen Proteste höherentwickeln zu organisierter Rebellion und sich Jugend-, Umwelt- und Arbeiterbewegung zum aktiven Widerstand eng verbinden. Wir haben den gleichen Gegner und gemeinsam sind wir stark!
Wie in einem Brennglas kann man im Ruhrgebiet sehen, wie die Politik der Monopole und die Interessen der Massen und der Umwelt sich gegenüber stehen. Die RAG (Ruhrkohle AG) will mit dem Ende des Steinkohlebergbaus verbrannte Erde hinterlassen. 200 Bergleute haben Anfang Juni ihre Kündigung erhalten. Ein Tabubruch! Jahrzehnte wurde behauptet „keiner fällt ins Bergfreie“. Um Geld zu sparen lässt die RAG das Grubenwasser ansteigen. Damit droht eine regionale Trinkwasserkatastrophe, denn in den Schächten hat sie Profit damit gemacht, 1,6 Millionen Tonnen Giftmüll einzulagern. Hinzu kommt der Rentenklau mit der Streichung des sogenannten Deputats – was 124.000 Menschen betrifft. Die RAG Stiftung steckt auch hinter Wohnungskonzernen wie Vonovia und ViVaWest die die Mieten explodieren lassen. Dagegen regt sich Widerstand. Am 11. Juni protestierten 250 Bergleute gegen ihre Kündigung. Am 15. Juni kam bei einer Demo in Bottrop all die verschiedenen Anliegen zusammen unter dem Motto: „Damit darf die RAG nicht durchkommen!“
Was hat das mit FFF zu tun?
Wenn wir es ernst meinen diese Gesellschaft zu verändern brauchen wir die richtigen Verbündeten. Viele haben aus Umweltgründen die Grünen gewählt. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Grünen in der Regierung aus „Sachzwang“ noch jede Schweinerei mitgemacht haben. Sie waren an der Genehmigung der Einlagerung des Giftmülls unter Tage in NRW beteiligt, haben der Rodung des Hambacher Waldes zugestimmt usw. Sie sind nicht „grün“ – sie sind zu einer staatstragenden Monopolpartei geworden. Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Unternehmerverbänden und Konzernchefs ist bei ihnen Standard, Revolutionäre und Marxisten-Leninisten werden von ihrem Spitzenpersonal dagegen bekämpft. Versuche der antikommunistischen Spaltung der Umweltbewegung gehen gerade von den Grünen aus. Der Hype um die Grünen landet so bei purer Verteidigung des Kapitalismus und Greenwashing um jeden Preis. Machen wir uns von Denkverboten frei und entwickeln den Umweltkampf höher zum gesellschaftsverändernden Kampf.
1997 haben im Ruhrgebiet und Saarland 130.000 Bergleute gestreikt. Sie haben Autobahnen besetzt und sind in die Bannmeile in Bonn demonstriert. Dieser Kampf leutete das Ende der Regierung von Helmut Kohl ein. Ausgelöst wurde der Streik durch die Betriebsgruppen der MLPD und die Bergarbeiterzeitung Vortrieb. Die Bergleute und Arbeiter müssen die führende Kraft auch in der Umweltbewegung werden, die MLPD und der REBELL als revolutionäre Kräfte müssen gestärkt werden, damit wir für unsere Ziele die notwendige Durchschlagskraft bekommen.
Dafür müssen wir auch jede Spaltung überwinden. Das Ende des sicheren Steinkohlebergbaus in Deutschland führt ja nicht zu Umweltschutz. Jetzt wird nur statt heimischer die Blutkohle aus Kolumbien verbrannt. Auch im Braunkohlerevier müssen wir fordern, dass die Arbeitsplätze für die noch auf Jahrzehnte notwendigen Renaturierungsarbeiten erhalten bleiben. Die Kohleverbrennung muss sofort gestoppt werden. Kohle bleibt ein wertvoller Rohstoff für viele andere Prozesse.
Wir laden alle Umweltkämpfer zum Sommercamp des REBELL ein. Dort werden wir eine Revue einstudieren die den Streik der Bergleute mit Originalzitaten der Kumpel wieder lebendig werden lässt.
Der richtige Platz für die konsequentesten Umweltkämpfer ist in der revolutionären Arbeiterpartei MLPD und ihrem Jugendverband REBELL. Wir stehen für eine starke überparteiliche Bewegung und dafür, Partei zu ergreifen, um über die gesellschaftliche Alternative des echten Sozialismus zu diskutieren und für sie organisiert zu kämpfen!“
DUISBURG
Fridays for Future: Erklärung zu Ausgrenzungsversuch gegen MLPD und REBELL
Zum Versuch, MLPD und REBELL bei Fridays for Future in Duisburg auszugrenzen, schreibt der Kreisverband Duisburg-Niederrhein-Oberhausen der MLPD:
Wir begrüßen es sehr, dass die Fridays-for-Future-Bewegung seit dem 22. Februar auch Duisburg erreicht hat. Diese Bewegung beweist eindrücklich, dass „die Jugend“ weder politikverdrossen noch eine „Spaßgeneration“ ist – sondern Verantwortung für ihre Zukunft und die unseres Planeten übernimmt.
Die Bewegung, die eben im Entstehen ist, muss wachsen, an Breite und Stärke gewinnen. Sie legt sich schließlich mit mächtigen Gegnern an – dem internationalen Finanzkapital und seinen Interessenvertretern in den Regierungen.
In völligem Widerspruch dazu steht, wie am Freitag, 1. März, versucht wurde, Teilnehmer der MLPD und des Jugendverbands REBELL undemokratisch von der Demonstration auszugrenzen. Versammlungsleiter Yannick Redweik verstieg sich dazu, einen Polizeieinsatz gegen die MLPD zu fordern – was diese in Kenntnis der Rechtslage verweigerte. Er garnierte dies mit wütender antikommunistischer Hetze, die MLPD sei „linksradikal“ und forderte die Demoteilnehmer auf, keine Flugblätter von MLPD und REBELL zu nehmen; die Bewegung würde sich von den Zielen der MLPD distanzieren. Am 7. März wurde dieses Ansinnen als Leserbrief in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) veröffentlicht.
Tatsächlich ist die MLPD radikal im besten Wortsinn. Radikal – dem Übel an die Wurzel gehen! Nicht umsonst ist eine zentrale Losung gerade der Jugend in der Umweltbewegung: „system change, not climate change“! Die MLPD steht für die Rettung des Planeten vor der kapitalistischen Profitwirtschaft, für eine sozialistische Gesellschaft.