Forumsbeitrag
Im www kann man gut auf Zeitreise gehen und man
bekommt was geboten. Da tauchen auf einmal die längst vergessenen
Splittergruppen und Parteisekten aus der Versenkung auf. Namenskürzel die
niemand mehr kennt und keinen mehr was bedeuten und die selbst die Beteiligten
fast vergessen haben.
Wer steckt dahinter? Wer produziert Webseiten, denen
man zwar nicht ansieht ob eine große Organisation oder nur ne handvoll Spinner
dahinter steckt, aber auf denen die Zeit stehen geblieben scheint? Parteisekten
wie KPD/ML oder MLPD die aus der realen Welt längst verschwunden sind, aber im
Web quicklebendig erscheinen. Geht man auf diese Seiten, da ist echt die Zeit
stehen geblieben und man meint, wir schreiben immer noch 75 oder 85.
Unbeeindruckt von jeder realen Entwicklung in der
Welt oder in den Köpfen der ehemals Beteiligten, hämmern sie ihre museal
gewordenen Parolen in die Welt und man ist versucht aus dem Fenster zu schauen,
ob da nicht grad eine Demo mit roten Fahnen und gereckten Fäusten vorbeizieht.
Nein, es ist nur die Müllabfuhr.
Man kann Witze drüber machen oder Cartoons zeichnen.
Etwa über den letzten Aufrechten, der in seiner Dachkammer hockt und den
Ausgang aus der Parteiwelt nicht mehr gefunden hat.
Dafür studiert er immer noch seine heiligen Schriften und verkündet die der
Netzwelt.
Wer dabei war, konnte schon ende der 70iger erleben,
wie diese Sekten immer unsichtbarer wurden und es anfangs der 80iger nicht mal
schafften ihre Zeitung zu verbreiten. Da gibt s doch ein freudiges Wiedersehen
im Netz. Solche Seiten darf man als ernst gemeinte Politsatire betrachten und
zur persönlichen Erheiterung besuchen.
Man kann auch Spitzwegs Bücherwurm nehmen. Ein
großer Teil linker Politik basierte auf Buchstabengläubigkeit. Man glaubte,
wenn man nur die richtigen Werke gelesen hat, weiß man Bescheid wie die Revo
läuft. Diejenigen, die sich der augenschädigenden Arbeit unterzogen, nannte
jemand mal treffend, linke Bibelforscher. Die blauen Bände wurden wie die Bibel
gehandelt und wer daraus zitieren konnte hatte recht. Die Uniherkunft machte
sich bemerkbar, mit Fußnote und was dazu gehört. Mit der Zeit lernte man seinen
eigenen Verstand zu benutzen, ebenso die eigene Erfahrung auch wenn sie dem
Bücherwissen widersprach.
Die Ersatzreligion Kommunismus erhob die Texte von
Marx über Lenin bis Mao, zu Dogmen und ewigen Wahrheiten. Was man dagegen in
der Welt draußen lernte (nicht in dunklen ungelüfteten Kammern),
"die" Wahrheit gibt es nicht und ewige Wahrheiten schon gar nicht. Es
gibt nur Wahrheiten und jeder muß seine eigene herausfinden.
Heilige Schriften werden oft dazu benutzt, das
Denken überhaupt abzuschaffen. Was willst du denn? Da steht doch schon alles
drin, jede Frage ist beantwortet. Hier steht s wie man eine Partei aufbaut.
Kein Erfolg? Dann machen wir was falsch.
Nach 5 Jahren immer noch ne kleine Sekte? Wir müssen
unsere Linie überarbeiten und einige Abweichler rauswerfen.
10 Jahre, nur noch der harte Kern dabei? Es ist eben
ein langfristiges Projekt und wer nicht durchhält und zweifelt, den brauchen
wir nicht. 20 Jahre, wir haben zwar keine Zeitung mehr dafür ne HP.
Entscheidend ist das wir recht haben und die Geschichte wird uns recht geben.
30 Jahre? Die Wohnung wird aufgelöst, der gesammelte
Papierberg landet im Müll.
In
eigener Sache:
Persönlich betrachtet ist die ML Zeit der 70iger
Teil meiner eigenen Geschichte, war auch mal dabei. Nicht ungewöhnlich als politisch
interessierter aber unerfahrener Schüler in sowas reinzugeraten.
Es war in der Zeit eh Zufall wo man landete, ja
nachdem, wen man grad traf. 73 war so eine Zeit, in der viele was tun wollten
aber noch nicht wissen wohin und da hätte ich bei vielen Gruppen landen können.
Niemand findet ein Flugblatt und rennt zur Parteizentrale um noch am gleichen
Tag einzutreten.
Als linker Schüler stand man eh recht allein in
einer Umwelt, die desinteressiert oder meist ablehnend war und da traf man
erstmal Leute die scheinbar dasselbe wollten. Also landete ich bei der KPD, na
nicht ganz, das war ein elitärer Verein der nicht jeden nahm. Dafür hatten sie
ihre Untervereine wie etwa Liga gegen den Imperialismus und was tun mit
Schülern? Na da sind sie erstmal gut aufgehoben. In so nen Verein gab s
Aktionen, Demos und man kam in andere Orte. Was hinzukam, zu der Zeit versuchte
die Partei mit Aktionismus Politik zu machen und etlichen Aktionen war noch die
Erfahrung aus der Studentenbewegung anzusehen, wo die Beteiligten ja herkamen.
Das war zunächst mal für jüngere durchaus attraktiv.
Dies änderte sich später, als sich Aktionen auf die
traditionellen Termine wie 1. Mai beschränkten und nur noch über Supermächte
geschwätzt wurde. Ehe man sich s versieht gewöhnt man sich die Denkweise der
Parteipresse an und das heißt, sich von der Außenwelt abschotten.
Zum Job in solchen Vereinen gehört natürlich auch,
die Parteipresse unters Volk zu bringen und das ist der Punkt, wo man mit der
Außenwelt konfrontiert wird. Keiner will das Zeug haben, man stößt auf
Desinteresse oder offene Ablehnung.
Was tun damit? Weitermachen mit der Disziplin und
Verdrängung die man bereits in der Gesellschaft eingetrichtert bekam. Man macht
weiter weil man weiß, den anderen geht s genauso und die willst ja nicht allein
stehen lassen. So konnten diese Vereine von einer Einstellung leben mit der man
hier für die Arbeitswelt abgerichtet wird.
Arbeit ist mühsam, macht keinen Spaß und ist
unergiebig, Politik genauso. Also denk nicht drüber nach. Was Schüler und
Studenten betraf, konnte die Partei (die selbst aus Studenten bestand) eine
weitere Form der Abwertung ausnutzen. Das schlechte Gewissen das dir eingeredet
wurde, geh erstmal arbeiten, du hast doch noch garnix zu sagen und lebst selbst
auf Kosten der Arbeiter. In so nen Verein ließ sich das gut verdrängen. Aber
sobald man die Parteiwelt verlassen hat, steht man wieder allein da, nicht nur
in der Gesellschaft, sogar innerhalb der Linken ist man nur eine Minderheit.
Noch kann man den Frust wegstecken und das ist auch der Sinn der Sache.
Die Demos und Veranstaltungen schaffen eine eigene
Realität die einen vergessen lässt, wie isoliert man dasteht, man liest die
Parteipresse, versucht damit klarzukommen, wenn nur die Realität da draußen
nicht dauernd stören würde.
Dafür darf man sich einer Sache zugehörig fühlen,
selbst wenn man nix zu melden hat und die meisten der Beteiligten gar nicht
kennt. Man entwickelt eine Form von Lagerdenken, das nützt nur dem Gegner, also
hält man die Klappe und verdrängt offensichtliche Widersprüche. Etwa das unsere
Zielgruppe, die Arbeiter nix mit zu tun haben wollen, oder das wir gegen
Verbote und für Meinungsfreiheit (der Parteipresse) kämpfen, aber eine
Gesellschaft wollen, die keine Meinungsfreiheit vorsieht. Es gab Knackpunkte
die einen schon auffielen, man konnte ja nicht den Verstand abschalten.
Jedenfalls weiß ich aus dieser Zeit, was Sektierertum im Denken anrichtet.
Andererseits tat sich noch mehr in Frankfurt und
wenn es um Hausbesetzung oder Fahrpreiserhöhung ging, verlor der Verein
zeitweilig die Kontrolle. Statt uns im Treff die neusten Parteitexte
reinzupfeifen waren wir auf der Gass wo es nach Tränengas roch. Widersprüche
gab s genug, oft genug sah man daß die Parteiideologie wenig mit der realen
Welt zu tun hatte, aber statt drüber zu reden, hielt man die Klappe.
Dann folgte ne Lehre im Betrieb und diese Realität
hatte wenig mit der Parteipresse und dem Proletenkult zu tun. In der Folge
stellte ich meine Mitarbeit langsam ein, andere traten mit einer langen Bleiwüste
aus die sie oft bei Konkurrenzvereinen veröffentlichten, die aber wenig über
die tatsächlichen Gründe aussagten. Wie kommt man da wieder raus? 75 gefiel mir
der Verein nicht mehr, die aktionistische Politik der KPD wurde beendet und mit
der Kopie der Supermächtetheorie der VR China wurde die Parteipolitik
ungenießbar.
Nun wurd von uns verlangt, Sachen zu vertreten, an
die wir selbst nicht mehr glaubten. War ich bereits im Betrieb in ner anderen
Welt, so wurd s Zeit sich auch in der Politlandschaft nach anderen Welten
umzusehen, etwa AKW Demos und nach Brokdorf mitzufahren. Der nächste Schritt
war die vorurteilslose Beschäftigung mit den eigenen Parolen und da stellst
fest, daß du an dieses Zeug geglaubt hast wie der Christ an die Heilige
Schrift. Tatsächlich fällt s auf, schon der Sprachgebrauch, wo es von
Renegaten, Abweichlern, Ketzern und Sektierern wimmelt, stammt original aus der
Theologie. 77 im Zusammenhang mit der Schleyer Entführung erlebte ich live, was
die Arbeiter dachten, spätestens da war der Proletenkult für mich erledigt.
Es wurde Zeit, daß woran man geglaubt hatte, weil
man s glauben wollte, ohne Rücksicht zu hinterfragen. Schau dir die Welt an wie
sie ist und hör auf in unlesbaren Bleiwüsten nach der Wahrheit und Patentlösung
für alle Probleme zu suchen. Trotzdem war der Draht nicht ganz abgerissen, man
kannte sich ja noch. Der einzige Grund noch mal mitzumachen, Ende der 70iger
fanden tatsächlich Diskussionen statt, die diesen Namen verdienten. Wär s drum
gegangen, die übliche Parteiarbeit weiterzumachen, mit mir sicher nicht mehr.
Dafür war s auf einmal möglich Sachen auszusprechen, für die man früher
achtkantig rausgeflogen wär.
Es war auch die Zeit, in der
"Naturgesetze" gebrochen wurden. Soll heißen, der Krieg zwischen
Vietnam, Kambodscha und China, sozialistische Staaten prügeln sich doch nicht.
Wir hatten genug davon uns das Hirn zu verbiegen und Sachen gegen unsere
Überzeugung zu rechtfertigen. Es ließ sich nicht mehr in die Ideologie pressen
und wir hatten kein Interesse mehr, etwas zu rechtfertigen was nicht zu
rechtfertigen ist.
Die Entwicklungen in der 3. Welt zeigten eh, das wir
früher einiges in den falschen Hals bekommen hatten. Es war der Bruch mit einer
sektiererischen und dogmatischen Denkweise, die das Denken selbst zur Karikatur
macht. Die Auflösung der Partei war für mich nur ein Abschluß, kein
Zusammenbruch einer Welt, ebenso wenig zog s mich zu den Grünen wo sich etliche
rüberretteten.
Dafür gab s noch andere Parteisekten und in der
Konfrontation mit denen, deren Welt noch intakt war, stellte ich
Bemerkenswertes fest. Andere mit Worten erschlagen, vollquatschen, nicht
zuhören können und unausstehlich wirken. War ich auch mal so drauf gewesen?
Dann ist s kein Wunder wenn wir nichts erreicht haben, aber das merkt man erst wenn
man draußen ist. Ist es damit vorbei?
Leider nicht, denn da die gesellschaftlichen
Bedingungen weiterbestehen, die das Entstehen von hierarchischen und
sektiererischen Gruppen fördern, erlebt man das sich neue bilden und
traurigerweise sogar Deppen finden, die nichts von der alten Geschichte wissen
und nicht merken, daß sie eine Politikform nachäffen, die schon vor 20 Jahren
gescheitert ist.
Ob Linksruck oder Trotzkistensekte, es gibt sie
noch, die altgedienten Parteiführer. Immer auf der Suche nach jungen Deppen die
sie für ihre Schrottpolitik verheizen können und im Uniumfeld scheint s zu
klappen. Aber nur solang bis sie gefrustet abhauen. Hier wiederholt sich die
Geschichtsblindheit die es schon in den 70igern gab, als man die Geschichte der
Arbeiterbewegung wieder entdeckte, diese aber von Mythen zugestellt wurde.
Denn das hieß auch Verdrängung des Stalinismus und
Verschweigen des Versagens der KPD von 33. Ohne eine KP könne es keine
Revolution geben, dies wurde regelrecht gepredigt. Tatsächlich erwiesen sich
Kommunistische Parteien meist als Revolutionsverhinderer und nach 33 sagten
deren Mitglieder selbst, die Partei hat sie verraten und den Nazis
ausgeliefert. Die Kopie dieser stalinistischen Partei mit allem was dazugehört,
den Fahnen, Symbolen, Zeitungstitel plus Sprachgebrauch, mußte jeden Arbeiter
der diese Zeit noch kannte, wie Hohn erscheinen, oder wie ein schlechter Witz.
Und wie ein schlechter Witz kommen mir heute die jungen Träger der
Linksruckplakate vor, nur was soll man denen sagen? Erst wenn sie selbst zu
zweifeln anfangen kannst mit denen reden, vorher ist das sinnlos. Kann ich
beurteilen. Online versuchen kann man s ja und das hab ich auf Indymedia getan.
Es muß möglich sein, zu sagen wie es nicht geht ohne eine Patentlösung anbieten
zu können, denn die hat niemand.
Beitrag bearbeitet am 20.05.2003
Forumsbeitrag im mittlerweile geschlossenen taz/ruhr
Forum
PS: Klickt man sich heute so durch die Parteiseiten,
eines fällt auf. Die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Ihre Linklisten sind
die Empfehlungen zu den "Bruderparteien", denen die schon seinerzeit
ausschließlich wert waren überhaupt beachtet zu werden. Alles andere war unter ihrem
Niveau. Lohnt nicht mit dem Rest der Gruppen überhaupt zu reden. Wir reden nur
mit denen die auf der richtigen Linie liegen oder wenigstens das Kopfbanner im
Zeitungstitel tragen.
Das scheint heute sowas von absurd, nur scheinen die
übrig gebliebenen Beteiligten das nicht mal zu merken. Trotzdem darf man sich
über diese Seiten freuen, man will ja beim Surfen auch mal was zur Erheiterung
sehen. Es fallen einen schon erstaunliche Parallelen auf. So wie um die
Jahrhundertwende bis 1914 in einer modernisierten Welt die Traditionen des
letzten Jahrhunderts mit Säbel und Pickelhaube fortgeführt wurden, führen diese
Parteisekten Traditionen aus den 20iger Jahren fort. Zumindest versuchen sie
es, so anachronistisch sehen teils ihre Seiten im Internet aus.
Online Parteiblatt dessen gedruckte Form nur noch in
Spezialarchiven auffindbar ist. Mal findet sich auf so einer Seite ein interner
Bereich, nur für Mitglieder. Was es da wohl für Geheimnisse gibt? Keine Panik,
da verpasst man nichts. Der ehemals Beteiligte weiß es noch. Das entspricht den
früheren Papierzirkulaten die nur für den internen Gebrauch bestimmt waren, in
deren ellenlangen Bleiwüsten auch mal abweichend gedacht werden durfte. Nur
wollte man damit nicht die einfachen Mitglieder beunruhigen. Die sollten nur
lesen, was schon als offizielle Parteilinie galt.
Die Insider dagegen durften sich als privilegiert
fühlen diese Insiderschriften überhaupt in die Finger zu bekommen. Was soll man
von einer hierarchischen Struktur halten die nicht mal den eigenen Leuten
vertraut? Diese Rangordnung war in den 70igern Kennzeichen dieser Sekten, heut
ist es nur noch absurdes Theater.
PS 2: Echo aus der Mülltonne. Die Art wie ich meine
Geschichte der ML Zeit aufarbeite, nützt weder mir noch den heutigen Linken
was. Was sie mir nützt? Steht nicht zur Debatte, ich hab die Sache abgehandelt
und Konsequenzen gezogen, dafür brauchte ich kein Internet.
Den altgedienten Sektierern die immer noch nicht den
Ausgang gefunden haben, denen hab ich nichts zu sagen. Wozu auch?
Zeitverschwendung. Die werden sich von mir kaum ihre kleine Scheinwelt in die
sie sich verkrochen haben, wegnehmen lassen.
Dafür können sie immer noch unerfahrene Jugendliche
reinziehen, ihnen etliche Jahre versauen und sie am Ende zu vorzeitigen
Zynikern machen die auf Jahre genug von jeder Politik haben. Wenn überhaupt,
dann kann es nur drum gehen, diese vor Irrwegen zu warnen. Genau auf
Jugendliche, die erste Gehversuche auf Demos machen warten sie. Da versuchen
sie zu agitieren, sie wissen genau, daß sie bei den Altgedienten nur noch
Hohngelächter ernten, wenn die überhaupt noch reagieren.
In
eigener Sache (Forumsbeitrag)
Dec.2002
Immer wieder gibt es Zeiten in denen viele auf der
Suche sind, sich für Politik interessieren und zunächst noch nicht wissen
wohin. 73 war so eine Zeit und da hätte ich bei vielen Gruppen landen können,
es war oft eine Frage des zufälligen Kontakts. Niemand findet ein Flugblatt und
rennt zur Parteizentrale um noch am gleichen Tag einzutreten, heut ebensowenig
zumal es kaum Parteizentralen solcher Sekten mehr gibt. War also Zufall daß ich
bei der KPD (Semmler/ Horlemann) reingeriet. Freilich nicht in die Partei, da
kam nicht jeder rein, für Schüler gab s die Liga gegen den Imperialismus,
sozusagen ein Unterverein fürs Fußvolk.
Ehe man sich s versieht ist man dabei und dazu
gehört natürlich auch das Zeitungsverkaufen auf der Gass. Da merkt man das
irgendwas nicht klappt, keiner will die Zeitung, man wird entweder nicht
beachtet oder wenn dann stößt man allenfalls auf Ablehnung. Aber noch kann man
den Frust wegstecken und das ist auch der Sinn der Sache. Noch gab es Aktionen,
oder Veranstaltungen bei denen man sah, daß man nicht völlig allein ist. Sobald
dies vorbei ist, steht man freilich wieder als einziger in einer Umwelt die mit
der linken Ideologie nichts zu tun hat. Die Demos und Veranstaltungen schaffen
eine eigene Realität die einen vergessen lässt, daß man nicht nur draußen recht
allein dasteht sondern sogar innerhalb der Linken nur eine kleine Minderheit
darstellt. Man liest also die Parteipresse und versucht halbwegs damit
klarzukommen. Wenn nur die Realität da draußen nicht dauernd stören würde.
Dafür darf man sich einer Sache zugehörig fühlen, selbst wenn man da wenig zu
melden hat und die meisten davon gar nicht kennt. Da entwickelt man eine Art
Lagerdenken, das nützt nur dem Gegner, man will ja nicht der eigenen Sache
schaden. Also verdrängt man offensichtliche Widersprüche.
Ob es unsere Zielgruppe, das revolutionäre Subjekt
ist die nichts damit zu tun haben will oder das man gegen Verbote kämpft und
Meinungsfreiheit einfordert, dagegen eine Gesellschaft zu Ziel hat in der das
eh nicht vorgesehen ist. Und man entwickelt sowas wie einen Missionierungswahn,
soll heißen man wird persönlich unausstehlich wenn s drum geht, für den eigenen
Verein zu werben. Davon merkte ich nichts, nicht so lang ich dabei war. Das
merkt man erst wenn man draußen ist und es mit Leuten zu tun bekommt die noch
drin sind und sich fragt, warst du auch mal so gewesen? Dann wunder ich mich
nicht mehr, das ich so wenig erreicht hab. Ist es auch frustrierend
festzustellen, daß man niemand erreicht wenn man am Agitieren ist, hinterher
war ich sogar froh drüber niemand reingezogen zu haben. Wie kommt man da raus?
In meinen Fall war das die neue Parteipolitik die sich an der VR China
ausrichtete und plötzlich verlangte Sachen zu vertreten, von denen man selbst
nicht überzeugt war.
Oder Berichte aus Albanien, da hatten unsere
Vertreter nicht nur nette Bilder der Denkmäler und heroisierenden Gemälde
mitgebracht. Sie erzählten auch Geschichten von Jugendlichen die bei 40 Grad
Straßen bauen. Na fein, da kommt die Jugend nicht auf dumme Gedanken, ich
dagegen schon denn das kam mir vertraut vor. Woher kannte ich das?
Klar doch, geht erstmal arbeiten, hast du schon mal
gearbeitet? Na es blieb beim Denken, noch hielt ich die Klappe. Zudem stellte
ich 75 fest, das nicht nur die Zeit der Aktionen auf der Straße vorbei war,
auch das sich innerhalb des Vereins nichts mehr veränderte. Was wird dann aus
der Revolution?
Meine Lehre in der Zeit zeigte mir, wie die
Arbeitswelt wirklich ist und die hatte wenig mit den Parteivorstellungen zu
tun. Ohne offen auszutreten stellte ich einfach meine Beteiligung an der Sache
ein, gut einige kannte ich und völlig riss der Draht nicht ab. Zum Schluß
konnte ich doch noch mal einsteigen, freilich nicht um die übliche Parteiarbeit
zu machen. An der hätte ich mich ohnehin nicht mehr beteiligt, da ich längst
keinen Sinn mehr in dieser Art von Politik sah.
Denn nun fanden Diskussionen statt, die diesen Namen
verdienten. Mittlerweile war einiges passiert, etwa der Krieg Vietnam
Kambodscha China, das ließ sich nicht mehr in die Ideologie pressen und viele
waren nicht mehr bereit Sachen zu rechtfertigen die nicht zu rechtfertigen
sind.
Die Entwicklungen in der 3.Welt brachten uns zur
Überlegung, daß wir früher die Sachen etwas falsch verstanden hatten, oder so
verstanden wie wir sie haben wollten. Die Parteipresse um 79 sah dann auch aus
wie 10 Jahre später die Zeitungen der DDR, nun wurde offen über Dinge geredet,
die früher zum Parteiausschluß geführt hätten. Anfang 80 wurde der Verein
aufgelöst, das war nur der Abschluß. Da ich mich schon vorher nach weiteren Sachen
umgesehen hatte und auch einiges am Laufen war, brach damit für mich keine Welt
zusammen und die Wanderbewegung zu den Grünen überließ ich anderen. Geblieben
ist aus der Zeit das Wissen, was Sektierertum ist und was es anrichtet und das
ich schnell sehe, wenn ich es heute mit vergleichbaren zu tun bekomme, so etwa
auf Indymedia.